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Lesetipp Was rollt da auf uns zu? Neuer Anlauf für Altersvorsorgepflicht

Das Arbeitsministerium hat zuletzt Ende 2020 einen Anlauf für eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige unternommen, er wurde bald darauf vom Koalitionspartner CDU/CSU einkassiert. Nun soll ein neuer Gesetzesentwurf vorgelegt werden. Was ist konkret geplant und wann soll die AVP in Kraft treten?

Wenn die Altersvorsorgepflicht (AVP) kommt wie erwartet, werden künftige Selbstständige (auch solche mit Arbeitnehmern) meist den Regelbeitrag (aktuell 631 Euro/Monat) in die Sparbüchse namens Deutsche Rentenversicherung stecken müssen

Beim letzten Anlauf für eine Altersvorsorgepflicht (AVP) regierte die Große Koalition, Hubertus Heil war schon damals Bundesarbeitsminister. Eigentlich hatte sich sein Bundesarbeitsministerium (BMAS) damals die Vorlage eines entsprechenden Gesetzes für Ende 2019 vorgenommen, nachdem in der ersten Hälfte vier Fachgespräche zu diesem Thema stattgefunden hatten, an denen auch wir beteiligt waren. Die Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs verzögerte sich jedoch immer weiter. Dann kam Corona und erst im November 2020 brachte das BMAS schließlich ein PDF mit einer Präsentation seiner Vorstellungen für eine AVP bei Verbänden und Medien in Umlauf. 

Pläne von 2020 liegen in der Schublade

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Noch bevor der zugehörige Gesetzentwurf vorgelegt wurde, hatte die Große Koalition auf Druck der Union das Vorhaben verschoben. Mitten in der Corona-Krise wollte man den Solo-Selbstständigen nicht noch weitere Belastungen auferlegen, zumal die im Gegenzug angekündigte Reform des Statusfeststellungsverfahrens keine nennenswerte Erhöhung der Rechtssicherheit erwarten ließ. Auch wir als VGSD waren deshalb gegen eine Einführung der AVP in dieser Form und zu diesem Zeitpunkt, auch wegen der fehlenden verbindlichen Zusage einer Gleichbehandlung bei den GKV-Beiträgen.

Im Folgenden nehmen wir die Präsentation von damals unter die Lupe, denn sie dürften Ausgangspunkt auch für den neuen Anlauf sein, soweit nicht der Koalitionsvertrag andere Vorgaben macht. Wir lassen zusätzliche Informationen aus einer Podiumsdiskussion über die AVP von Ende Juni 2023 mit dem zuständigen Staatssekretär Rolf Schmachtenberg und der Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung (DRV) einfließen, die allerdings wenig Spielraum für Optimismus zulassen.

Welche Änderungen enthält der Ampel-Koalitionsvertrag gegenüber dem der Großen Koalition?

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Ausgangspunkt für die Einführung der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige ist der Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition vom November 2021. Er unterscheidet sich von der entsprechenden Vereinbarung der Großen Koalition vom Februar 2018 vor allem in Hinblick auf die drei fett markierten Stellen:

"Wir werden für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit einführen. Selbstständige sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, sofern sie nicht im Rahmen eines einfachen und unbürokratischen Opt-Outs ein privates Vorsorgeprodukt wählen. Dieses muss insolvenz- und pfändungssicher sein und zu einer Absicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen. Bei jeder Gründung gilt jeweils eine Karenzzeit von zwei Jahren." (aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition, November 2021)

Neu ist, dass die Altersvorsorgepflicht nur für neue Selbstständige gelten soll, also solche, die nach Inkrafttreten des Gesetzes gründen. Es wird betont, dass der Opt-out einfach und unbürokratisch möglich sein soll, und es ist eine zweijährige Gründerverschonung geplant. Insbesondere an den ersten beiden Punkten erkennt man die Handschrift des Koalitionspartners FDP.

Der unveränderte Kern der AVP

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Ebenso wie zuvor unter Union und SPD soll die Altersvorsorgepflicht nur für Selbstständige gelten, die nicht bisher schon Pflichtbeiträge in die DRV, die Landwirtschaftliche Alterskasse oder als kammerpflichtige Freiberufler in ein berufsständisches Versorgungswerk entrichten. Wie zuvor sollen Zahlungen in die Rentenversicherung der Standard sein, mit der Möglichkeit eines Opt-outs in Form einer privaten Altersvorsorge, die allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss: Zum einen, dass die entsprechende Vorsorge seitens des Gesetzgebers als insolvenz- und pfändungssicher ausgestaltet ist und zum anderen, dass sie "zu einer Absicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus" führt. Da letzteres neben der Rendite der Anlage entscheidend von der Dauer und Höhe der Beitragszahlungen abhängt und auch bei Einzahlungen in die DRV keineswegs sichergestellt ist, versteht man darunter dass Beiträge in gleicher Höhe geleistet werden müssen, wie sie auch bei der DRV fällig wären. Hierzu unten mehr.

Vor der AVP ist das Rentenpaket II dran

Bevor er den Gesetzentwurf zur AVP im Verlauf des zweiten Halbjahrs 2023 vorlegt, will Minister Heil erst noch das Rentenpaket II unter Dach und Fach bringen. Auch das blickt schon auf eine längere Vorgeschichte zurück. Eigentlich sollte es noch vor der Sommerpause eingebracht werden und laut Zeitungsberichten die AVP mit enthalten. Mit dem Rentenpaket II möchte Heil die bis 2025 eingeführten "Haltelinien", die die Höhe des Rentenniveaus bei 48 Prozent festschreiben, unbegrenzt verlängern. Die AVP, die zur Finanzierung dieses teuren Versprechens beitragen soll, soll dann bald darauf folgen.

AVP soll nur für künftige Gründer gelten, aber auch für solche mit Arbeitnehmer/innen

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Im Folgenden gehen wir die Präsentation des BMAS vom November 2020 durch und diskutieren, was davon im neuen Entwurf wohl bleiben wird und was nicht.

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  • Zunächst ein Punkt, der nirgends erwähnt wird, aber sehr wichtig ist: Auch wenn das Gesetz in der öffentlichen Diskussion immer wieder mit der angeblichen Prekarität von Solo-Selbstständigen begründet wird, ist nirgends im Koalitionsvertrag oder der Präsentation von "Solo" die Rede, sondern nur von "Selbstständigen" oder "selbstständig Tätigen". Die AVP wird also auch für künftige Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl ihrer Mitarbeiter, ihrem Vermögen und ihrer vorhandenen Vorsorge gelten!
  • 2020 sollten neben künftigen Gründern auch bereits Selbstständige im Alter unter 35 Jahre einbezogen werden ("Bestand"), für die mit großem bürokratischem Aufwand einmalig eine Befreiung hätte beantragt werden können, wenn bereits "bestimmte Altersvorsorgedispositionen" getroffen worden wären. Dieser Teil wird aufgrund des Koalitionsvertrags wohl entfallen. Als Forderung der Selbstständigenverbände ist schon in der Präsentation vermerkt, dass wir eine Einbeziehung des Bestands verhindern wollten, dies sei auch ein "wichtiger Entscheidungspunkt" (Seite 8 der Präsentation), über den mit dem Koalitionspartner Union Übereinstimmung erzielt werden sollte. Dazu kam es nicht, im Koalitonsvertrag der Ampel ist nur noch die Rede von "allen neuen Selbstständigen", was wir als wichtigen Erfolg unserer Aufklärungsarbeit verbuchen.
  • Wir hoffen, dass die Einschränkung auf künftige Selbstständige hält. Die bereits erwähnte Podiumsdiskussion zur AVP hat bei uns die Sorge aufgeworfen, dass DRV und BMAS versuchen könnten, die Definition dessen, was ein "neuer Selbstständiger" ist, möglichst weit anzulegen, also zum Beispiel auch auf Gründung zusätzlicher Unternehmen auszuweiten oder schon nach einem Jahr mit Verlust oder dem Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze das Ende einer Selbstständigkeit zu unterstellen. Unsere Position ist ganz klar: So lange Umsätze aus gewerblicher oder freiberuflicher Tätigkeit erzielt werden, besteht eine vorhandene Selbstständigkeit fort.

Auch nebenberuflich selbstständige Tätigkeit soll ab 520 Euro beitragspflichtig werden

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  • Die "Versicherungspflicht umfasst auch nebenberuflich selbstständig Tätige" heißt es auf Seite 2 der Präsentation. Bisher sind nebenberuflich Selbstständige sozialversicherungsfrei, sie verbeitragen nur das Einkommen ihrer in der Regel angestellten Haupttätigkeit! Dass nun alle selbstständigen Einnahmen rentenversicherungspflichtig werden, wäre eine erhebliche Veränderung. Vielleicht war der Passus aber auch so gemeint, dass eine AVP nur dann besteht, wenn es neben der selbstständigen Nebentätigkeit keine pflichtversicherte Haupttätigkeit gibt. Dann unterlägen die Beamte, die Politikerin oder die Angestellte, die nebenbei bezahlte Vorträge halten, mit ihrem selbstständigen Einkommen nicht der Rentenversicherungspflicht. Sollte es bei der Regelung bleiben, werden wir sie genau hinterfragen.
  • Die Geringfügigkeitsgrenze ist inzwischen von 450 auf 520 Euro gestiegen, an der Versicherungsfreiheit von geringfügig Selbstständigen wird sich aber sicher nichts ändern.

Pauschaler oder einkommensabhängiger Beitrag? 

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  • Es wird sich auch nichts daran ändern, dass die betroffenen Selbstständigen die Beiträge in voller Höhe selbst tragen müssen und das vollständige Leistungsspektrum der DRV erhalten (Alters-, Hinterbliebenen- und Erwerbsminderungsrente, ggf. auch Kuren, vgl. Seite 3).
  • Was die Beiträge betrifft, so sollten die Selbstständigen die Wahl zwischen dem Regelbeitrag (bis zum vierten Jahr nach Aufnahme halber Regelbeitrag) und einer einkommensbezogenen Berechnung haben und auch ein Wechsel zwischen den beiden Verfahren möglich sein. Wir gehen davon aus, dass dies und auch der folgende Punkt beibehalten wird. 
  • Der Regelbeitrag lag 2023 bei monatlich 631,47 (neue Bundesländer: 611,94) Euro. Der halbe Regelbeitrag entsprechend bei 315,74 (305,97) Euro.
  • Die Wahlmöglichkeit wird in der Praxis wohl dazu führen, dass Selbstständige deren Einkommen zu höheren Beiträgen als der Regelbeitrag führen würde, die Pauschale wählen. Aber vermutlich würden auch viele Selbstständige mit niedrigerem Einkommen einen Anreiz haben, die Regelbeiträge zu wählen, wenn sie es sich leisten können (und obwohl dies zu einer überproportional hohen Beitragsbelastung führen würde), wenn sie so einen Anspruch auf Grundrente erreichen können.

Bemessungsgrundlage und vorläufige Festlegung bei einkommensabhängigen Beiträgen

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  • Die Bezugsgröße für die einkommensabhängige Berechnung ist in der Präsentation nicht angegeben. Wenn es – wie zu vermuten – der Gewinn sein soll, führt dies zu einer Überforderung von Einzelunternehmer/innen und GbR-Gesellschaftern, also bei den unter Solo-Selbstständigen mit Abstand häufigsten Rechtsformen. Grund: Anders als bei anderen Rechtsformen können sie den Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen nicht als Betriebsausgabe geltend machen, was dazu führt, dass sie auf diese ebenfalls Beiträge zahlen müssen. Dies führt zu einer um 20 Prozent höheren Beitragsbemessungsgrundlage und damit auch 20 Prozent höheren Sozialversicherungsbeiträgen, als Angestellte und ihre Arbeitgeber sie zusammen leisten müssen. 
  • Die einkommensbezogenen Beiträge werden bei Gründern wohl auf der Basis ihrer eigenen Gewinnschätzung, später dann auf Basis des jeweils neuesten Einkommensteuerbescheids für die Zukunft vorläufig festgelegt und bei Vorlage neuer Bescheide zugleich für die Vergangenheit spitz abgerechnet, so dass es zu Nachzahlungen oder auch Rückerstattungen kommen kann.

Übertragung des Übergangsbereiches auf Selbstständige und zweijährige Gründerverschonung schon 2020 geplant

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  • Erfreulich war an der Präsentation die geplante Übertragung des Übergangsbereiches (früher "Gleitzone") zwischen 520 und 2.000 Euro (die Ober- und Untergrenzen haben sich zwischenzeitlich verändert) auch auf Selbstständige. Dadurch profitieren auch solche mit kleinerem Einkommen von einer Beitragsentlastung, ohne dass diese später zu niedrigeren Renten ("leistungsrechtliche Nachteile") führt. Damit würde eine wichtige Ungleichbehandlung zwischen Angestellten und Selbstständigen mindestens für den Bereich der Altersvorsorge abgeschafft.
  • Auch wenn es 2018 noch nicht im Koalitionsvertrag stand, enthält die Präsentation 2020 (Seite 4) bereits eine zweijährige Gründerverschonung, auf die dann (nach unserem Textverständnis für weitere zwei Jahre) die Möglichkeit folgt, nur den halben statt des ganzen Regelbeitrags zu zahlen, sofern man diese Beitragsvariante wählt. Als Forderung der Selbstständigenverbände ist in der Präsentation vermerkt, dass wir eine Versicherungsfreiheit von drei Jahren für Existenzgründer gefordert hatten. Allerdings deutet die zweijährige Befreiung mit der Möglichkeit von zwei Jahren zum halben Regelbeitrag eine Kompromisslinie an.
  • Grundlage für die AVP ist ein digitales Verfahren, bei dem Daten über die Selbstständigen zwischen Rentenversicherung, Finanzämtern und Anbieter privater Opt-outs ausgetauscht werden. Diese Voraussetzung wird auch großen Einfluss auf den Zeitplan für die Einführung haben, siehe unten.

"Rürup-Rente" als einziges Opt-out

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  • Standard ist wie schon erwähnt bei allen Betroffenen die Beitragspflicht in der DRV, man kann sich aber befreien lassen (Seite 5), indem man einen Basisrentenvertrag ("Rürup-Rente") und regelmäßige Beitragszahlungen nachweist. Inwieweit man diese laufend nachweisen muss oder ob es dazu eine Kontrollinformation des Finanzamts gibt, ist in der Präsentation nicht dargestellt. Schon jetzt melden die Versicherungen Einzahlungen in diese Verträge allerdings jährlich an die Finanzämter. 
  • Eine andere Form des Opt-outs als die relativ teure, wenig flexible und transparente Rürup-Rente sieht die Präsentation nicht vor. Unseres Erachtens wäre ein noch einzuführendes insolvenz- und pfändungsgeschütztes Altersvorsorge-Depot (AV-Depot) ein ideales, weil kostengünstiges und renditestarkes Opt-out-Produkt, weshalb wir uns seit vielen Jahren dafür engagieren. Wir hoffen, dass sich die FDP für ein solches, attraktives Opt-out-Produkt einsetzen wird.

Rentenversicherungspflicht durch die Hintertür durch obligatorische Zusatzversicherungen

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  • Zudem forderte das BMAS schon 2020, dass der Basisrentenvertrag dieselben Risiken abdecken musss wie die DRV, neben Alters- also auch Hinterbliebenen- und Erwerbsminderungsrente. Beides würde die Basisrente deutlich verteuern. Bei Singles wäre zudem oft gar keine Hinterbliebenenversorgung nötig und spätere Zahlungen liefen ins Leere. Aufgrund fehlender Erfahrungen mit dem Erwerbsminderungsrisiko der verschiedenen Berufsgruppen müssten die Versicherer diesen Schutz vorsichtshalber recht teuer kalkulieren. Beides würde die Rendite der privaten Rentenversicherung deutlich verschlechtern. Die Forderung des BMAS führt quasi zu einer Rentenversicherungspflicht durch die Hintertür. 
  • Bei der bereits erwähnten Podiumsdiskussion im Juni 2023 wurde deutlich, dass diese "Verteuerung" des Opt-out Gundula Roßbach, der Präsidentin der DRV, aber auch Staatssekretär Rolf Schmachtenberg ein großes Anliegen sind.
  • Dies sowie die Beschränkung auf eine Basisrente als einzige Form des Opt-out ist ein zentraler Streitpunkt, auch wenn ihn das Ministerium damals nicht als Forderung der Selbstständigenverbände aufführte. In der Präsentation wurde der Leistungsumfang des Opt-out-Produktes als "wichtiger Entscheidungspunkt" mit den Koalitonspartnern zur Diskussion gestellt.
  • Für das Opt-out sind – heißt es weiter – Beiträge in der Höhe zu zahlen, wie sie zur GRV zu zahlen wären. Bei einkommensabhängiger Berechnung mit nachträglicher Korrektur ist das für die Versicherer wenig praktikabel, deshalb müsste man im Opt-out-Fall wohl meist den Regelbeitrag (bzw. anfangs den halben Regelbeitrag) wählen. In der Präsentation von 2020 war dies ebenfalls als wichtiger Entscheidungspunkt für die Gespräche mit der Union vermerkt.

Kernforderung: Im Gegenzug faire Beitragsbemessung und Reform des Statusfeststellungsverfahrens

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  • Als Forderung der Selbstständigenverbände ist in der Präsentation vermerkt, dass es im Gegenzug eine Entlastung bei den Beiträgen zur GKV, also zu Kranken- und Pflegeversicherung geben muss. Auch dies war in der Präsentation als wichtiger Entscheidungspunkt für die Gespräche mit der Union vermerkt, die damals mit Jens Spahn das Gesundheitsministerium führte.
  • Eine weitere zentrale Forderung von uns war eine Reform des Statusfeststellungsverfahrens im Gegenzug zur AVP-Einführung. In der Präsentation vom November 2020 ist die Reform beschrieben, die dann tatsächlich im Frühjahr 2021 beschlossen wurde und am 1.4.2022 in Kraft trat. Diese Reform beseitigte aber nicht die bestehende  Rechtsunsicherheit, was schon damals absehbar war!
  • In der Präsentation war die Reform als wichtiger Entscheidungspunkt für die Gespräche mit der Union vermerkt.
  • Die schon mehrfach erwähnte Podiumsdiskussion vom Juni hat uns auch deshalb schockiert, weil sich andeutete, dass sich das BMAS nicht an den Deal: Altersvorsorgepflicht gegen Rechtsicherheit in Hinblick auf den Status als Selbstständige gebunden fühlt.

Inkrafttreten der AVP nicht vor 2026?

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  • Das Inkrafttreten des Gesetzes war in der Präsentation vom November 2020 für den 1.1.2024 geplant (Seite 6). Den Gesetzesentwurf wollte man bereits im Januar 2021 den anderen Ressorts vorlegen, im April und Mai im zuständigen Bundestagsausschuss diskutieren und dann im Mai 2021, nach nur vier bis fünf Monaten in Bundestag und -rat beschließen. 
  • Auffällig: Trotz des der nahenden Bundestagswahl im Herbst 2021 geschuldeten extrem ehrgeizigen Gesetzgebungs-Zeitplans sollten bis zur Umsetzung am 1.1.2024 dann gut zweieinhalb Jahre verbleiben. Der lange Zeitraum erklärt sich mit dem IT-Aufwand für die Konzeption und Programmierung unter anderem des Datenaustauschs zwischen Rentenversicherung, Finanzämtern und privaten Versicherern.
  • Es ist davon auszugehen, dass zwischenzeitlich mangels weiterer Gesetzgebungsaktivitäten von Seiten der DRV noch keine technischen Vorbereitungen angegangen wurden und es auch bei einem Beschluss der AVP, mit der wir frühestens Ende dieses Jahres rechnen, noch mindestens zwei Jahre bis zu einer Einführung benötigt würden, was auf ein Inkrafttreten frühestens am 1.1.2026 oder sogar später hindeutet.

Für Selbstständige geht es um viel

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Bei der genauen Ausgestaltung der Altersvorsorgepflicht geht es um sehr viel für künftige Selbstständige. Und als solche könnte je nach Abgrenzung auch mancher heute schon Selbstständige zu einem späteren Zeitpunkt gelten. Wenn sich das BMAS durchsetzen sollte, würden wir eine verkappte Rentenversicherungspflicht ohne ernst zu nehmende Opt-out-Möglichkeiten erhalten.

Insbesondere besteht die Gefahr einer finanziellen Überforderung von Selbstständigen mit niedrigem Einkommen, wenn es bei der unfairen Beitragsberechnung in der GKV bleibt und diese schlimmstenfalls auch noch in die DRV übernommen wird. Obwohl inzwischen auch das Gesundheitsministerium in SPD-Hand ist, scheint es das BMAS mit einer Gleichbehandlung hier nicht so ernst zu nehmen.

Außerdem fühlt sich das BMAS andeutungsweise nicht mehr an den Deal Altersvorsorgepflicht nur gegen Rechtssicherheit gebunden, was unser Vertrauen zum Ministerium nachhaltig erschüttert.

Wir haben also berechtigte Befürchtungen in Hinblick auf eine bezahlbare Ausgestaltung und einen ausgewogenen Deal. Insofern kommt hier noch einiges an politischer Überzeugungsarbeit auf uns zu, für die wir auch auf deine Unterstützung angewiesen sein werden.

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