Raphaela Horvath, Dozentin für Pflegeberufe, bereitet ihr zunehmendes Alter keine Sorge: Sie arbeitet zwar von Jahr zu Jahr weniger, aber die Leidenschaft für ihren Beruf bleibt. Und das, obwohl sie großen Wert auf ihre Freizeit legt. Warum nicht mal entspannen?
"Ich heiße Raphaela, bin 66 Jahre alt und seit knapp 25 Jahren selbstständig. Davor arbeitete ich als ausgebildete Krankenschwester in einem Krankenhaus. Die Arbeit als Krankenschwester bereitete mir große Freude, doch ist sie mit großen körperlichen und psychischen Belastungen verbunden. Über 18 Jahre lang war es mein Antrieb, Menschen dabei zu unterstützen, gesund zu werden. Als ich über den Schritt in die Selbstständigkeit nachdachte, wusste ich, dass ich weiterhin Menschen helfen will. Doch anders als bisher.
Helfen, nur anders
1999 ging ich dann den entscheidenden Schritt: Ich startete als selbstständige Dozentin für Pflegeberufe. Tatsächlich hatte ich schon während meiner Zeit als Krankenschwester eine Passion für das Unterrichten. Damals habe ich ehrenamtlich in einem Hospiz die Hospizhelfer/innen trainiert.
Jetzt mit 66 Jahren ist mir gute Pflege und Betreuung immer noch eine Herzensangelegenheit. Mit meinen Seminaren unterstütze ich medizinisches Personal dabei, sich weiterzubilden. Mittlerweile biete ich auch viele Online-Seminare an, das ist ja seit Corona salonfähig geworden. Seminare inhouse und online anzubieten, bereitet mir große Freude. Was ich schade finde: Zeit für ein Ehrenamt, wie damals im Hospiz, habe ich leider nicht mehr. Denn meine Vorsorge reicht nur knapp – und nur dann, wenn ich jeden Luxus weglasse. Daher ist es mir wichtig, dass meine Arbeit finanziell honoriert wird.
Politikaffin und kritisch
Wie ich für das Alter vorgesorgt habe? Nun, ich habe lange als Angestellte gearbeitet und ein Haus gebaut. Tipps gebe ich lieber nicht: Finanzielle Entscheidungen sollten je nach Lebensplan völlig unterschiedlich und individuell getroffen werden. Was aber fest steht: Die Rentenvorsorge für Selbstständige ist teuer und ungerecht. Ich als selbstständige Lehrerin hätte damals mehr als 800 Euro pro Monat in die Rentenversicherung einzahlen müssen. Durch die richtigen Hinweise meiner Steuerberaterin war ich nicht rentenversicherungspflichtig. Deshalb habe ich mein Geld in den Hausbau gesteckt, denn ich befürchte, dass das deutsche Rentensystem scheitert – nicht zuletzt aufgrund der Unachtsamkeit aktueller und vergangener Politiker. Meine Illusion, dass das System funktioniert, ist mit meinen wachsenden Lebensjahren verloren gegangen. Ich bin wirklich sehr politikaffin und immer up to date – und genau deshalb nicht positiv gestimmt.
Zufriedenheit abseits der Arbeit
Anfang nächsten Jahres werde ich meine Arbeitszeit leicht reduzieren. Ich arbeite auch, um meine Rente ein wenig aufzubessern. Doch tatsächlich ist es vor allem die Passion für meinen Job, die mich antreibt. Mir begegnen keine speziellen Herausforderungen als ältere Selbstständige, im Gegenteil: Zunehmende Lebens- und Arbeitserfahrung ist in der Pflege ein großer Vorteil. Ich mache also weiter – einfach so lange es geht und solange ich Lust habe.
Anders als vielleicht andere Selbstständige würde ich behaupten, dass mein Beruf nicht überaus entscheidend für meine Lebenszufriedenheit ist. Ich würde sagen: Mein Beruf hat einen Anteil von etwa 30 Prozent gemessen an meiner generellen Zufriedenheit in meinem Leben. Meine freie Zeit ist mir auch unglaublich wichtig. Am liebsten bin ich draußen in der Natur, beschäftige mich mit Nachhaltigkeit, Biogärtnern und dem Konservieren von Lebensmitteln. Aktuell baue ich ein Gewächshaus aus alten Fenstern. Und ich arbeite darauf hin, mich irgendwann selbst mit Lebensmitteln versorgen zu können, das erfordert jedoch einiges an Gartenarbeit. Aber Gärtnerei wird nie langweilig. Auch die Kräuterheilkunde interessiert mich sehr – sie ist meine Leidenschaft seit über 40 Jahren. Ich bin Naturkind. Daran hat sich nichts geändert.
Ein bewegter Alltag
Da ich jetzt schon lange selbstständig bin, habe ich keine Probleme damit, eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu finden. Dozenten vereinbaren Verträge immer ein Jahr im Voraus, da lässt sich die Work-Life-Balance gut planen. Der Nachteil: Tägliche Herausforderungen muss ich manchmal der Vorausplanung unterordnen. Aber das klappt meistens sehr gut.
Fünf Hunde, tägliche Spaziergänge, Wanderungen und Yoga helfen mir dabei, fit zu bleiben. Mein Leben gehört nicht vollends meiner Arbeit. Und dennoch habe ich genügend Aufträge. Ich will damit sagen: Älter werden ist von Vorteil. Auch wenn uns die Welt etwas anderes sagen will."
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