Wo Branko Trebsche kritisch hinblickt, wächst kein Gras mehr: Unser Mitglied kommentiert in seinen Glossen bissig, ironisch und provokativ aktuelle Ereignisse, die uns Selbstständige betreffen. Er vertritt seine eigene Meinung. Vor seinem Brennglas ist kein Politiker, keine Nachricht und keine neue Regelung sicher.
Brankos Themen in dieser Woche
- Frau Pop, die Berliner Wirtschaftssenatorin, hatte eine grandiose Idee. Anstatt auf den Bund Druck auszuüben oder ein eigenes sinnstiftendes Hilfsprogramm zu entwickeln, wünscht sich die Senatorin mehr Unterstützung von den Hausbanken.
- Ein Drittel aller Jobcenter werden in der Trägerschaft sogenannter Optionskommunen oder Optionskreise betrieben. Diese Jobcenter können die Regeln zum vereinfachten Antrag auf Hartz4 ignorieren.
- Vor Monaten berichtete der VGSD das erste Mal darüber, dass einzelne Steuerberater die Betreuung von Mandanten zur Beantragung der Überbrückungshilfe ablehnen. Wie hart die Regeln sind und was die Gründe für das Verhalten der Steuerberater ist, wird in einer Radiosendung durch einen Steuerberater eindringlich verdeutlicht.
Ein Trip zur Hilfdirselbststr. 1
Mir wurde von einem spannenden Projekt berichtet, das mein Interesse geweckt hat. Sofort habe ich mich auf den Weg an die Nordseeküste in Ostfriesland gemacht. Besucht habe ich dort die erste Auffangstation für gestresste Unternehmer. Lest heute meinen Erlebnisbericht von der Reise und das Interview mit dem Gründer der Station.
Die Anreise gestaltete sich schwierig. Mit Hilfe des Navigationsgerätes konnte ich schnell den Weg nach Ostfriesland finden. Am Zielort angekommen, half das Navigationsgerät nicht weiter. Die „Hilfdirselbststr. 1“ war nicht zu finden. Ich fragte Passanten nach dem Weg. Oft zeigten die angesprochenen Passanten Richtung Strand und gaben mir den Tipp nach Runden Behausungen Ausschau zu halten.
Auf die richtige Spur kam ich, als ich in der Ferne eine Schafherde sah. Zwischen den glücklich blökenden Schafen ragten ca. 2 Meter hohe, mit Gras bewachsene Halbkugeln aus der Erde. Zwischen den Schafen und den Halbkugeln lümmelten sich entspannt Menschen in der Sonne. Dann kam ein Mann entschlossen auf mich zu. Es war der Gründer Herr Weiser-Mann.
Ein Rückzugsort für bedrohte Arten
BT: „ Herr Weiser-Mann, vielen Dank für ihre Zeit? Wie sind sie auf Idee der Auffangstation gekommen?“
MW: „Überall auf der Welt, im Amazonas, in Afrika und auch sonst wo auf der Welt wird sich um bedrohte Arten gekümmert. Entsprechend hatte ich die Idee, einen einzigartigen Rückzugsort für coronageschädigte Unternehmer zu schaffen.“
BT: „Warum kommen die Menschen zu Ihnen?“
MW: „Nachdem ein Unternehmer aus Berlin monatelang auf seine Überbrückungshilfe warten musste, wollte er zusammen mit Wirtschaftssenatorin Pop einen Termin bei seiner Hausbank machen. Die Wirtschaftssenatorin hatte in der Presse angekündigt, wegen der schleppenden Auszahlung der Überbrückungshilfen bei der Akquise von Krediten der Hausbanken zu unterstützen."
BT: „Das klingt doch sehr vernünftig. Was gibt es daran auszusetzen?“
MW: „Der Unternehmer war total verzweifelt. Frau Pop war mit der Organisation der vielen Termine völlig überfordert.“
BT: „Was gibt es noch für Gründe?“
MW: „Wir haben einen Unternehmer, dessen Jobcenter durch ein Optionskommune betrieben wird. So eine Optionskommune setzt dann nach eigenem Ermessen die vereinfachten Kriterien im Rahmen der Corona-Hilfen um oder eben nicht.“
„Und was bedeutet das für die Betroffenen?“
MW: „In diesem mir bekannten Fall war es so, dass der Unternehmer den vereinfachten Antrag eingereicht hatte. Der Antrag war gut vorbereitet und hatte einen Umfang von 60 Seiten. Das Jobcenter aber wollte immer mehr Papier. Die Gier nach Papier war unermesslich! Geld gab es nicht. Aber dafür ein befristetes Jobangebot bei einem bekannten Versandhändler im Lager für die Weihnachtszeit. Er drehte durch und lief los. Ich habe den Unternehmer auf der Fahrt zum Einkaufen dann zufällig entdeckt. Er lag entkräftet, völlig verwahrlost aussehend, neben der Spur.“
Berührend: die Geschichte des Steuerberaters
BT: „Welche Geschichte hat Sie bisher am meisten berührt?“
MW: „Einer der Unternehmer, der zu uns gekommen ist, ist Steuerberater. Er ist engagiert und wollte helfen. Mit jedem Mandanten und jedem Antrag auf Überbrückungshilfe wurde er unsicherer, weil er Angst hatte, wegen Subventionsbetruges belangt zu werden und alles zu verlieren. Irgendwann hielt er den Druck nicht mehr aus.“
Die Stimme von Herrn Weiser-Mann wurde lauter und schriller. „Er rief immerzu: 'Sie kommen mich bald holen. Sie kommen mich bald holen!' Dabei rannte er immerzu vogelwild hin und her.“
BT: „Wo ist der Mann jetzt?“
MW: „Er ist wahrscheinlich in seinem Versteck. Wir haben ihm eine eigene Beruhigungsecke in seiner Halbkugel gebaut."
BT: „Wie geht es mit der Auffangstation weiter? Die Krise ist irgendwann einmal zu Ende.“
MW: „Nein, da mache ich mir bei der aktuellen Politik keine Sorgen. Der Zulauf wird anhalten. Mit Bundes- und Landeszuschüssen können wir ab dem kommenden Monat den ersten Sozialarbeiter finanzieren. Und es gibt ja noch die Forderung, die Ich-AG wieder einzuführen. Auch da entsteht Beratungsbedarf, für den wir weitere öffentliche Mittel akquirieren können. Wenn dann noch der staatlich geförderte Glasfaseranschluss kommt, dann sind wir bundesweit das erste Coworking-Center mit Sozialarbeiter.“
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