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Interview mit Initiatorin Johanna Röh zu erfolgreicher Mutterschutz-Petition "Unsere Whatsapp-Gruppe war ein einziges Fest!"

Der erste Schritt auf dem Weg zu politischem Erfolg ist geschafft: Die Bundestagspetition für fairen Mutterschutz auch für Selbstständige hat das nötige Quorum erreicht.

"Gleiche Rechte im Mutterschutz für selbstständige Schwangere" forderten Petentin Johanna Röh und ihre Mitstreiterinnen in einer Bundestagspetition, und weil das Thema viele werdende Eltern und Familien betrifft, konnten sie für ihr Anliegen insgesamt 111.794 Stimmen sammeln. Wie ihnen das konkret gelungen ist, was es bedeutet, dass das Quorum von 50.000 Stimmen geknackt wurde und wie es nun weitergeht, das verrät Johanna im Interview. Natürlich spricht sie auch darüber, wie sie und ihre Mitstreiterinnen das Ergebnis gefeiert haben!

Die wertvollen Stimmen der Influencerinnen

VGSD: Ihr habt für die Petition fast 112.000 Stimmen gesammelt. Herzlichen Glückwunsch! Wie habt ihr das geschafft?

Johanna Röh: Anfangs haben wir Verbände, etwa euch, kontaktiert, und um Unterstützung gebeten. Dadurch kamen auch dank der VGSD-Mitglieder schon viele Unterschriften zusammen - aber es reichte noch nicht, um die für eine erfolgreiche Bundestagspetition nötigen 50.000 Stimmen zu kriegen. Kurz vor Ende der Zeichnungsfrist haben wir dann begonnen, prominente Influencerinnen anzuschreiben, die in einer ähnlichen Lage waren wie wir: die schwanger waren oder sind. Viele von ihnen haben sich mit unseren Forderungen identifiziert, etwa Model Marie Nasemann - und ihre Community aufgefordert, uns zu unterstützen. Das hat super geklappt, unsere Petition war auf Instagram omnipräsent, und so konnten wir diese immense Stimmenzahl erreichen!

VGSD: Eure gemeinsamen Forderungen einen dich und deine Mitstreiterinnen. Ihr habt euch virtuell gefunden und lebt verstreut voneinander. Habt ihr euren Erfolg trotzdem feiern können?

Johanna Röh: Unsere Whatsapp-Gruppe war in den Tagen ein einziges Fest. Als das Quorum erreicht war, haben wir uns dann auch per Videokonferenz das erste Mal getroffen, uns kennengelernt und gemeinsam angestoßen!

Schwanger & selbstständig: Ein Zustand, der nicht vorgesehen ist

VGSD: Wie fing das alles überhaupt an? Warum hast du dich überhaupt für dieses Thema eingesetzt?

Johanna Röh: Ich wurde schwanger, und habe mich informiert, was das für meinen Tischlerei-Betrieb bedeutet. Ich habe daher verschiedene Beratungsgespräche in Anspruch genommen, etwa bei meiner gesetzlichen Krankenkasse. Meine erste Erkenntnis: Es gibt kaum Informationen darüber, welche Ansprüche man hat, wenn man als Selbstständige schwanger ist - und es gibt auch kaum Unterstützung. Es ist offenbar ein Zustand, der nicht vorgesehen ist.

Aus gesundheitlichen Gründen musste ich viel Zeit im Liegen verbringen und habe versucht, den Betrieb vom Bett aus zu dirigieren. Das ging nicht wirklich, und dennoch liefen meine Fixkosten weiter, ohne dass ich nennenswerte Einnahmen hatte oder durch gesetzlichen Mutterschutz abgesichert war. Jede angestellte Tischlerin hätte mit dem Bekanntwerden der Schwangerschaft direkt ein Beschäftigungsverbot bekommen, nicht aber ich als Unternehmerin.

Meine nächste bittere Erkenntnis: Schwangerschaft kann ruinös sein für Selbstständige. Also musste sich etwas ändern, daher hab ich die Petition zusammen mit meinen Mitstreiterinnen angestoßen.

Selbstständige Frauen müssten vorausschauend alle Eventualitäten absichern

VGSD: Kritiker sagen, werdende selbstständige Mütter könnten sich doch gegen alle Eventualitäten versichern und damit einen ebenbürtigen Mutterschutz wie Angestellte genießen. Warum seid ihr nicht versichert?

Johanna Röh: Ich hatte mich zunächst auf das Krankentagegeld meiner gesetzlichen Versicherung verlassen. Das war fatal, ich habe für die Tage, an denen ich krankgeschrieben war, gerade mal sechs Euro bekommen. Sechs Euro pro Tag! Was ich inzwischen weiß: Ich hätte eine private Krankentagegeldversicherung abschließen müssen, und zwar mindestens 8 Monate vor der Schwangerschaft. Im Gegensatz zu Männern sind wir selbstständige Frauen also gezwungen, vorausschauend die Eventualität Schwangerschaft abzusichern - aber: Das wissen die wenigsten, nicht einmal die Krankenversicherung konnte mir das auf Anhieb sagen. Und selbst im Falle einer privaten Krankentagegeldversicherung gibt es Karenzzeiten, die trotzdem Ausfälle verursachen. Eine Ausfallversicherung für die Fixkosten, die weiterlaufen - die gibt es nicht, jedenfalls nicht, wenn eine Schwangerschaft der Grund für die betriebliche Zwangspause ist.   

Was kommt: Anhörung, Offener Brief, Vereinsgründung?

VGSD: Das Quorum von 50.000 Stimmen ist erreicht. Was passiert jetzt?

Johanna Röh: Wir sind zu einer Anhörung vor dem Petitionsausschuss des Bundestags eingeladen und gehen nach jetzigem Stand davon aus, dass diese Sitzung Ende September stattfindet.

VGSD: Plant ihr auch unabhängig von der Anhörung im Petitionsausschuss Aktionen und Initiativen, um eure Forderungen durchzusetzen?

Johanna Röh: Wir planen einen Offenen Brief an die Bundesregierung, den hoffentlich auch viele Berufsverbände zeichnen. Vielleicht gründen wir auch einen eigenen Verein. Wir haben aufgrund unserer jungen Familien und unserer Arbeit alle wenig Zeit übrig, aber natürlich werden wir alles versuchen, um das Thema zum Erfolg zu bringen.

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