Wer nicht angestellt ist, kann freiwillig in die Deutsche Rentenversicherung (DRV) einzahlen, bis 31. März auch für das Jahr 2022, in dem die Rentenpunkte noch deutlich günstiger waren. Doch wie viel Rente bekommt man später für die jetzt geleisteten Beiträge? Lohnen sich die Einzahlungen? Welche steuerlichen und sonstigen Vor- und Nachteile bringt das mit sich?
Selbstständige und Freiberufler/innen sind der DRV ebenso willkommen wie Hausfrauen und -männer sowie Beamt/innen. Wer nicht rentenversicherungspflichtig ist, darf nach eigener Wahl zwischen rund 100 und 1.400 Euro pro Monat freiwillig einzahlen – und bis 31. März des laufenden Jahres auch noch den Beitrag für das gesamte vorherige Jahr.
Während bei Minijobs die Entscheidung für die Rentenversicherung zweifelsfrei zu empfehlen ist, weil sie sich nominal betrachtet schon nach 3 1/4 Jahren amortisiert (vgl. "Was vier von fünf Minijobbern falsch machen"), sollte man bei freiwilligen Zahlungen sehr viel genauer nachrechnen. Am meisten lohnen sich freiwillige Beitragszahlungen im fortgeschrittenen Alter, wenn die Rente nicht mehr ganz so fern ist - sowie für Frauen, die bei gleichen Beiträgen von einer längeren Lebenserwartung und damit Rentenbezugsdauer profitieren.
Vorteile der Rentenversicherung
Anders als Immobilien, Wertpapiere (z.B. ETFs, Investmentfonds) und sonstiges Geldvermögen kann man Rentenansprüche zwar nicht vererben, eine Rente erhält man aber bis ans Lebensende. Auch wenn man sehr alt wird, kann man so das "Langlebigkeitsrisiko" absichern. Zudem erhalten Witwen und Witwer sowie minderjährige, noch in Ausbildung befindliche Waisen und deren Erziehende Hinterbliebenenleistungen (wobei eventuelles eigenes Einkommen angerechnet wird).
Wenn es hart auf hart kommt, sind die Rentenansprüche insolvenzgeschützt und selbst wenn man auf Grundsicherung im Alter angewiesen sein sollte, darf man einen Teil der Rente behalten (Stand 2023 bleiben 251 Euro pro Monat anrechnungsfrei).
Zudem ist die Rente zwar nicht gerade sonderlich renditeträchtig, aber dafür unabhängig von der Entwicklung des Kapitalmarktes und damit besser planbar. Wenn man gut verdient, kann man in der Einzahlungsphase zudem in erheblichem Umfang Steuern sparen bzw. genauer gesagt die Steuerzahlungen ins Alter verschieben.
Vorsicht: Die DRV nimmt statt dem kleinen Finger auch gern die ganze Hand
Viele Selbstständige wollen gerne in die Rentenversicherung einzahlen, schon alleine aus Solidarität mit den eigenen Eltern und Großeltern. Doch die DRV macht es einem nicht einfach, stellt viele Nachfragen. Aus den freiwilligen Beiträgen könnten Pflichtbeiträge werden, wenn im laufenden oder den vier vorherigen Kalenderjahren
- eine arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit (innerhalb eines Kalenderjahres mehr als 5/6 des Umsatzes mit einem Kunden),
- eine Versicherungspflicht (bei bestimmten Berufen wie z.B. Trainern) oder
- eine Scheinselbstständigkeit festgestellt wird.
In den ersten beiden Fällen kann dies zu hohen Nachzahlungen für dich als Selbstständigen führen, im dritten Fall für die Auftraggeber – die dann erfahrungsgemäß die laufende Beauftragung beenden.
Weitere Nachteile
Wieviel Rente man letztlich bekommt, hängt natürlich stark von der eigenen Lebensdauer ab. Und vom Staat: Rentenhöhe, -eintrittsalter und Beitragssatz kann dieser einseitig ändern. Auf die eingezahlten Beiträge kann man im Bedarfsfall nicht zugreifen und sie wie schon erwähnt auch nicht vererben. Und den Steuervorteilen bei der Einzahlung stehen im Alter Steuern und (ggf. einkommensabhängige) Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge gegenüber.
Extrem flexibel bei der Einzahlung
Freiwillige Beiträge zahlst du in der Regel monatlich. Die Höhe legst du im Rahmen der Antragstellung fest. Der Mindestbeitrag beträgt aktuell 96,72 Euro (18,6% von 520 Euro), der Höchstbeitrag 1.357,80 Euro im Monat (18,6% der Beitragsbemessungsgrenze, diese liegt für 2023 bei 87.600 Euro bzw. 7.300 Euro monatlich).
Die Höhe zukünftiger freiwilliger Beiträge kannst du, so lange du freiwilliges Mitglied bist, auf Antrag jederzeit ändern oder die Versicherung auch ganz beenden.
Mit welchem Rentenplus kann ich rechnen?
Die gesetzliche Rente, die du später erhältst, richtet sich nach der Anzahl der Rentenpunkte, die du im Lauf deines Lebens angesammelt hast. Aktuell (März 2023) ist ein Rentenpunkt 36,02 Euro wert. Zum 1.7. wird die Rente jeweils angepasst. Ab 1.7.2023 erhalten Rentner pro Rentenpunkt 37,60 Euro (+4,4%).
Die Kosten eines Rentenpunktes richten sich nach dem Durchschnittsverdienst der Arbeitnehmer im vorletzten Jahr. 2021 betrug dieser 43.142 Euro, deshalb kostet ein Rentenpunkt 2023 43.142 x 18,6% = 8.024,41 Euro. Dafür gibt es später dann also 37,60 Euro mehr Rente pro Monat bzw. 451,20 Euro pro Jahr (wenn man auf Basis des ab Mitte 2023 geltenden Rentenniveaus rechnet).
Wie lange muss ich leben, damit sich die Beiträge amortisieren?
Teilt man 8.024,41 Euro Jahresbeitrag durch die 451,20 Euro, die die spätere Rente dadurch jährlich höher ausfällt, kommt man auf 17,8 Jahre: So lange müsste man Rente beziehen, um den Beitrag wieder "herauszuholen" – wenn man sich mit den zwischenzeitlich erfolgten jährlichen Rentensteigerungen als Rendite zufrieden gibt. Zum Vergleich: Ein 65-jähriger Mann hatte zuletzt 17,8, eine gleichaltrige Frau 21,1 Jahre Lebenserwartung.
2022 kostete ein Rentenpunkt noch 10% weniger (weil das zugrundeliegende Durchschnittseinkommen 2020, also im ersten Coronajahr, relativ niedrig ausfiel), nämlich nur 7.235,59 Euro. Für das Jahr 2022 nachgezahlte Beiträge amortisieren sich deshalb schon nach 7.235,99/451,20 = 16,0 Jahren!
Rechnen sich die Beiträge auch nach Steuern und Sozialabgaben?
Entscheidenden Einfluss darauf, ob sich die freiwilligen Einzahlungen in die Rentenversicherung unter dem Strich lohnen, hat deine Steuerbelastung jetzt im Vergleich zum Alter sowie die Art deiner Krankenversicherung: Bist du privat oder gesetzlich krankenversichert? Darauf gehen wir in den folgenden Absätzen ein, deren Ansicht VGSD-Vereinsmitgliedern vorbehalten ist:
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So viel kannst du maximal einzahlen
Du bist gesund und zuversichtlich, dass du eine längere Lebenserwartung als der Durchschnitt hast? Die vermutlich überschaubaren Rentenerhöhungen reichen dir aus – vielleicht auch, weil sie eine gute Ergänzung zu deiner übrigen Altersvorsorge darstellen? – Dann kann sich die Einzahlung in die Rentenversicherung für dich lohnen.
Maximal kannst du wie schon erwähnt 15.735,60 Euro für das Jahr 2022 und 16.293,60 Euro für das Jahr 2023 einzahlen und erhältst dafür 2,17 bzw. 2,03 Rentenpunkte, die ausgedrückt auf Basis des ab 1.7.2023 geltenden Rentenniveaus monatlich zusätzlich 81,77 bzw. 76,35 Euro Rente entsprechen.
Beachte dabei, dass Alleinstehende 2023 maximal 26.528 Euro, Verheiratete bis zu 53.056 Euro steuerbegünstigt in Form von Rentenbeiträgen (inklusive Rürup-Rente) anlegen können. Im Zweifelsfall also lieber für 2022 nachzahlen und 2023 einen niedrigeren Beitrag wählen.
Du hast bisher nicht oder nur sehr kurze Zeit in die Rentenversicherung eingezahlt? Dann achte darauf, dass es eine Mindestversicherungs- bzw. "Wartezeit" von fünf Jahren gibt: Du musst im Laufe deines Berufslebens mindestens 60 Monate Beiträge (egal welcher Höhe) geleistet haben, um Anspruch auf eine Altersrente zu haben.
Wenn du weniger als den maximal möglichen Beitrag einzahlst, erhältst du natürlich auch entsprechend weniger Rente. Auf die Amortisationsdauer hat dies aber keinen Einfluss.
Jahresbeitrag 2022 | Erworbene Rentenpunkte | Erhöht monatliche Altersrente um* | Jahresbeitrag 2023 | Erworbene Rentenpunkte | Erhöht monatliche Altersrente um* |
1.160,64 € | 0,16 | 6,03 € | 1.160,64 € | 0,14 | 5,44 € |
2.400 € | 0,33 | 12,47 € | 2.400 € | 0,30 | 11,25 € |
4.800 € | 0,66 | 24,94 € | 4.800 € | 0,60 | 22,49 € |
7.200 € | 1,00 | 37,42 € | 7.200 € | 0,90 | 33,74 € |
9.600 € | 1,33 | 49,89 € | 9.600 € | 1,20 | 44,98 € |
12.000 € | 1,66 | 62,36 € | 12.000 € | 1,50 | 56,23 € |
14.400 € | 1,99 | 74,38 € | 14.400 € | 1,79 | 67,47 € |
15.735,60 € | 2,17 | 81,77 € | 16.293,60 € | 2,03 | 76,35 € |
In welcher Lebensphase lohnen sich freiwillige Beiträge am ehesten?
Wenn du am Anfang deiner beruflichen Karriere bzw. deiner Selbstständigkeit stehst, werden dir die bei der DRV zu erwartenden Rentensteigerungen vermutlich nicht genügen. Mit ETFs und anderen breit diversifizierten Wertpapieren kannst du über lange Zeiträume eine deutlich höhere Rendite erzielen, wenn du die Vergangenheit als Maßstab nimmst.
Wenn du dagegen wenige Jahre vor der Rente stehst, spielt der Renditenachteil der Rentenversicherung für dich vielleicht eine geringere Rolle im Vergleich zur Aussicht auf eine verlässliche Rente, die auf jeden Fall bis zu deinem Lebensende ausgezahlt wird und so eine Basisabsicherung bildet.
Lass dich individuell beraten, bevor du den Antrag stellst
Alle Angaben in diesem Beitrag sind ohne Gewähr und können eine individuelle Beratung nicht ersetzen, die auf deine persönlichen Umstände eingeht. Bitte verlass dich deshalb nicht allein auf unsere Beispielberechnungen, sondern bespreche deine Planungen mit deinem Steuer- oder noch besser unabhängigen Rentenberater. Auch die Deutsche Rentenversicherung bietet kostenlose Beratungen an.
Wenn du sicher bist, dass du freiwillig einmalig oder laufend in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen möchtest, kannst du fristwahrend mit dem Formular V0060 den entsprechenden Antrag stellen.
Tipp: Um die Frist 31.03. einzuhalten musst du nach Auskunft der DRV-Hotline den Antrag online stellen und unbedingt auch das SEPA-Mandat ausfüllen. Die Bearbeitung deines Antrags dauert erfahrungsgemäß vier bis fünf Wochen, dann wird das Geld von deinem Konto abgebucht. (Überweisungen müssen dagegen spätestens bis 31.03. auf dem Konto der DRV eingegangen sein. Da man aber erst überweisen darf, wenn der Bewilligungsbescheid vorliegt, würde man auf diese Weise die Frist für 2022 sicherlich nicht einhalten können.)
Vergiss nicht, deine Beitragszahlungen in deiner Steuererklärung für das entsprechende Jahr geltend zu machen. Entscheidend ist dabei das Jahr, in dem die Zahlungen erfolgt sind, auch wenn dies rückwirkend für das Vorjahr geschehen ist.
Hast du freiwillig in die DRV einbezahlt? Welche Erfahrungen hast du gemacht? Wir sind gespannt auf deinen Kommentar!
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