Wie stehen die Parteien, die sich um einen Einzug in den nächsten Bundestag bewerben, zu den für uns Selbständige und Gründer wichtigsten politischen Anliegen?
Im Frühjahr haben unsere Mitglieder 16 Fragen ausgewählt, die wir dann den Parteien geschickt haben. In einer Serie veröffentlichen wir nun jeden Werktag ihre Antworten auf eine dieser Fragen.
Wahlprüfstein Nr. 4: Selbstständige, die freiwillig arbeitslosenversichert waren, haben in der Corona- Krise kein Kurzarbeitergeld erhalten und wurden in vielerlei Hinsicht gegenüber anderen Versicherten benachteiligt. Welche Veränderungen planen Sie in Bezug auf Freiwilligkeit, Beitragsberechnung und Leistungen?
Was sagen die Parteien dazu?
Die Regelungen der freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige werden wir in diesem Zusammenhang überprüfen. Eine Versicherungspflicht für Selbstständige in der Arbeitslosenversicherung lehnen wir ab.
Wir GRÜNE wollen den sozialen Schutz für Selbständige ausbauen. Dafür vereinfachen wir den Zugang zur Arbeitslosenversicherung, sodass sich alle Selbständige freiwillig absichern können. Sie sollen die Möglichkeit von Wahltarifen bekommen, um die Kosten und den Schutz entsprechend ihrer Möglichkeiten und Bedarfe anzupassen. Zudem soll sich zukünftig die Höhe des Arbeitslosengeldes auch für Selbstständige nach der Höhe der gezahlten Beiträge und nicht mehr nach ihrer Zuordnung in Qualifikationsstufen richten. Für Zeiten systemischer Krisen wie Pandemien unterstützen wir zudem einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld für versicherte Selbständige.
Wir wollen die offensichtlichen Schutzlücken bei Selbständigen beseitigen. Wer Neues wagt, braucht Sicherheit. Die bestehende freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung bietet ein solches Netz. Wir werden den Zugang verbessern. Die Mindestbeiträge zur Krankenversicherung für Selbständige haben wir bereits um mehr als die Hälfte gesenkt. Unser Ziel sind einkommensabhängige Beiträge wie bei abhängig Beschäftigten. Wir werden auch Solo-Selbständige besser absichern, deren Geschäftsmodell sie grundsätzlich trägt, bei denen jedoch unvorhersehbare erhebliche Einnahmeausfälle, etwa durch den kurzfristigen Wegfall von Auftraggebern, zu Notlagen führt. Mit einem Sicherungsgeld schaffen wir einen neuen Weg der solidarischen Absicherung durch die Bundesagentur für Arbeit für Selbständige in Notlagen, die über branchen- und saisonübliche Schwankungen hinausgehen. Das Sicherungsgeld soll mit Leistungen der Arbeitslosenversicherung vergleichbar sein.
Wir Freie Demokraten fordern, für den Fall der Fälle bei Wirtschaftshilfen und Hilfen für Selbstständige in Zukunft besser gerüstet zu sein. Die Coronakrise hat gezeigt, welche Instrumente es im Fall großer Krisen mit außergewöhnlichen Verhältnissen in der gesamten Wirtschaft und auf dem gesamten Arbeitsmarkt braucht. Für solche Fälle brauchen wir eine negative Gewinnsteuer, bei der Verluste aus dem aktuellen Jahr mit Gewinnen der Vorjahre verrechnet werden können. Und wir brauchen dann ebenso Hilfen für Selbstständige mit und ohne Angestellte, um einen ausreichenden Unternehmerlohn zu gewährleisten.
Wir Freie Demokraten wollen zudem die Beiträge für Selbstständige und Existenzgründerinnen sowie -gründer zur gesetzlichen Krankenversicherung fair bemessen und an den tatsächlichen Einnahmen orientieren. Die freiwillige Versicherung in der Arbeitslosenversicherung soll für Selbstständige weiter geöffnet werden – insbesondere für Gründerinnen und Gründer. Heute zahlen Selbstständige mitunter mehr als identisch verdienende Angestellte. Wir sorgen für Fairness und sichern Gründerinnen und Gründer besser ab.
Das Video zum Wahlprüfstein:
Wie bewertet der VGSD die Antworten der Parteien zum Thema Arbeitslosenversicherung? – Andreas im Video-Interview mit Kathrin von exali.de zu diesem Wahlprüfstein.
Hierzu ist die Positionsfindung der AfD noch nicht abgeschlossen.
DIE LINKE setzt sich dafür ein, die Arbeitslosenversicherung für Selbständige so zu reformieren, dass Beitragsbemessung und Leistung sich an ihrem tatsächlichen Einkommen orientieren. Eine Überlastung kleiner Unternehmen und Solo-Selbständiger durch den Arbeitslosenversicherungsbeitrag gilt es dabei zu verhindern, und Möglichkeiten, die Auftraggeber in einem Umfang am Arbeitslosenversicherungsbeitrag zu beteiligen, der im Wesentlichen dem Arbeitgeberanteil entspricht, sind zu prüfen. Der Leistungsbemessung soll das beitragspflichtige tatsächliche Einkommen zugrunde liegen. Alle Selbständigen sollen obligatorisch in den Schutz der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung einbezogen werden.
Wir setzen uns weiterhin für eine Freiwilligkeit der Versicherung ein. Allerdings halten wir gerade für Existenzgründer eine freiwillige Arbeitslosenversicherung insbesondere im ersten Jahr ab Gründung für sinnvoll. Durch den fehlenden Kurzarbeitergeldanspruch mussten über 60 Prozent aller (Solo-) Selbstständigen Einkommenseinbußen hinnehmen. Die Ansprüche aus einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung wurden der Situation in keiner Weise gerecht. Wir fordern deshalb ein separates Entschädigungsgesetz.
Für die Arbeitslosenversicherung soll nach der Existenzgründungsphase immer der volle Beitrag zu entrichten sein. Diese Mehreinnahmen sollen als Gegenfinanzierung verwendet werden dafür, dass Selbständige künftig im Falle von unverschuldeten Betriebsausfällen
• im Rahmen des SGB II eine Absicherung des Lebensstandards analog zum Kurzarbeitergeld erhalten und
• die dort heute geltenden Regelungen zum Schonvermögen an die Bedürfnisse von Selbständigen in Notlagen angepasst werden.
Kurzfristig sind die Regelungen zum Kurzarbeitergeld den tatsächlichen, in der Pandemie zutage getretenen Bedürfnissen anzupassen. Generell streben wir bis zur Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens eine prinzipielle Einbeziehung aller Einkommen in die Berechnung des Beitragssatzes an. Dann wäre sichergestellt, dass wer einzahlt, auch tatsächlich Anspruch auf Auszahlung hat.
Du möchtest Kommentare bearbeiten, voten und über Antworten benachrichtigt werden?
Jetzt kostenlos Community-Mitglied werden