Im Jahr 2015 verdienten Frauen durchschnittlich 21,6 Prozent weniger als Männer. Frauen müssen dementsprechend nach Ablauf eines Jahres 79 Tage (= 21,6% von 365 Tagen) länger arbeiten, um das durchschnittliche Vorjahresgehalt von Männern zu verdienen. Aus diesem Grund findet am 79. Tag des neuen Jahres, dem 19. März 2016, der "equal pay day" statt. Und deshalb fragen wir ausgewählte VGSD-Mitglieder und Selbstständige, was sie an diesem Tag tun.
Heute: Claudia Kimich, Diplom-Informatikerin, München.
Die Trainerin, Verhandlungsexpertin und Autorin ist seit 21 Jahren selbständig und Coach aus Leidenschaft. Zehn Jahre hat sie eine Surfschule auf Korsika geleitet, 20 Jahre lang hat sie zudem Turniere getanzt. Sie engagiert sich u.a. als Regioleiterin der webgrrls Bayern.
VGSD: Was machst Du am 19. März 2016?
Claudia Kimich: Ich stehe am Münchner Marienplatz, vertrete dort die Webgrrls Bayern und mache Speedcoaching für Frauen die ihr „EqualPayDay-Schicksal“ selbst in die Hand nehmen wollen und bereit sind etwas dafür zu tun. (Weitere Infos)
VGSD: Seit wann engagierst Du Dich im Rahmen des equal pay day?
Claudia: Seit es ihn in Deutschland gibt, also seit März 2008.
VGSD: Werden nach deiner Erfahrung selbstständige Frauen auch schlechter bezahlt oder ist die Ungleichbehandlung geringer als bei Angestellten?
Claudia: Ich persönlich nicht, schließlich bin ich Verhandlungsexpertin, das wäre dann doch eher ein Armutszeugnis für mich.
Bei meinen Klientinnen sehe ich durchaus, dass da noch viel Luft in Richtung des anderen Geschlechtes ist und das liegt meines Erachtens zu 50 Prozent an den Frauen selbst, z.B. am Tiefstapeln und dem Perfektionismus und zu 50 Prozent am Umfeld, z.B. fehlende Kinderbetreuung, falsche Unternehmensansichten zu Frauen in Führung, Übersehen des Nutzen des Wirtschaftsfaktor Frau.
VGSD: Wie lässt sich das Gefälle verringern, kann die Politik dazu einen wirksamen Beitrag leisten, der sich nicht darin erschöpft, die Bürokratie weiter aufzublasen?
Claudia: Erstens: Unternehmen fördern, die Frauenförderung nicht nur als Feigenblatt (zum Beispiel internes Mentoring für Frauen oder Frauennetzwerk ohne Budget) betreiben, sondern solche, die messbar in das Thema Frau als Wirtschaftsfaktor investieren.
Zweitens: Öffentlich machen der Tatsache, dass gemischt geführte Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher sind. Und klar stellen, dass "für Frauen" nicht "gegen Männer" bedeutet.
VGSD: Hast Du einen guten Tipp: Was kann man als Einzelne konkret tun um höhere bzw. gleiche Honorare zu erzielen?
Claudia: Erstens: Selbst-Wert-Gefühl stärken - allein, mit Freunden oder mit professioneller Hilfe.
Und dann, zweitens: Üben, üben üben! - Kein Mensch würde untrainiert und ohne Schrittkenntnisse an einem Tanzturnier teilnehmen, 1.000 Stunden Training sind da normal. Beim Thema Geld-Verhandlung fehlen aber vermutlich bei den Meisten mindestens 995 Übungsstunden. Wenn die geleistet sind, klappt es auch mit der Honorarverhandlung.
VGSD: Danke für das Gespräch!
Bereits im Vorfeld des equal pay day findet eine Vielzahl spannender Veranstaltungen statt - Jetzt informieren
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