Die Bundesregierung bzw. das Bundesgesundheitsministerium hat eine Anfrage der Grünen vom 6. September 2016 beantwortet.
Darin lehnt sie die Abschaffung der Mindestbemessungsgrenze für Selbstständige in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab. Die bestehende Regelung sei historisch gewachsen und trage dem Umstand Rechnung, dass Selbstständige nicht des gleichen Schutzes der Solidargemeinschaft bedürfe wie abhängig Beschäftigte. (Hier scheint man also ganz anderer Meinung zu sein als im Arbeitsministerium, wo man uns allesamt als prekär sieht - in beiden Fällen geht es allerdings darum, höhere Beitragspflichten von Selbstständigen zu rechtfertigen.)
Das Gesundheitsministerium verweist auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das die höheren Mindestbeiträge für Selbstständige u.a. damit gerechtfertigt hatte, dass Selbstständige „eine gewisse Gestaltbarkeit des Einkommens“ hätten. (Dass die von Mindestbeiträgen betroffenen Selbstständigen häufig überhaupt keine Steuern bezahlen, ignoriert das Gericht dabei.) Nicht versäumt wird auch, darauf hinzuweisen, bedürftige Selbstständige könnten eine verringerte Mindestbemessungsgrenze in Höhe von derzeit 1.452,50 Euro beantragen.
Bundesregierung prüfe Weiterentwicklung der Verbeitragung
Die Bundesregierung prüfe aber derzeit mögliche Wege, wie die Verbeitragung von gesetzlich versicherten Selbstständigen weiterentwickelt werden könne. Eine dazu im Jahr 2008 beauftragte und 2011 abgeschlossene Studie hätte jedoch zu Handlungsempfehlungen geführt, die nach damaliger Einschätzung als zu bürokratisch und nicht umsetzungsfähig bewertet wurden.
Die Absenkung der Mindestbeiträge sei mit hohen Kosten verbunden. Insbesondere fürchtet man auch die Folgen, die eine Abschaffung für die Beibehaltung von privaten Krankenversicherungen in Deutschland habe.
Fazit
Rund die Hälfte der Fragen wird mit „dazu liegen uns keine Erkenntnisse vor“ beantwortet und man kann sich nicht ganz des Eindrucks erwehren, als sei das dem antwortenden Ministerium auch ganz recht so. Man negiert das Problem bzw. Kenntnisse darüber. Wo es unwiderlegbare Fakten gibt, redet man das Problem klein und verschanzt sich hinter einem Gerichtsurteil, das nun doch schon einige Jahre alt ist und nicht mehr so ganz die Realität der Selbstständigen widerspiegelt.
Ein beherzter Lösungsversuch sieht anders aus. Die Antworten passen auch nicht dazu, dass die CDU/CSU eine Altersvorsorgepflicht fordert: Dabei stellt sich doch die Frage, wie die dafür nötigen Beiträge von den Selbstständigen mit niedrigem Einkommen geleistet werden sollen, wenn sie nicht zugleich im Bereich der Krankenversicherung entlastet werden.
Jetzt mitzeichnen: Mit unserer Petition setzen wir uns für faire Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ein. Es ist nicht einzusehen, dass Selbstständige deutlich mehr zahlen als Arbeitgeber und -nehmer zusammen. Eine Gesetzesverschärfung zum 1.1.18 macht eine Reform noch dringlicher.
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