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Update Zu Gast bei Dialogforum „Soziale Absicherung von (Solo-)Selbständigen“ der SPD-Bundestagsfraktion

Am 11. Mai 2016 war der VGSD vertreten durch mich (Andreas Lutz) zu Gast bei der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Die Fraktion veranstaltet zurzeit eine ganze Reihe von Dialogforen, deren Ergebnisse in das nächste Wahlprogramm der Sozialdemokraten einfliessen sollen – darunter auch das von mir besuchte zum Thema „Soziale Absicherung von (Solo-)Selbstständigen“. Dem Forum liegt ein Dialogpapier (PDF) zugrunde, das die Problemlage aus Sicht der Fraktion beschreibt und verschiedene Handlungsmöglichkeiten skizziert.

Birgit Kömpel und Martin Rosemann begrüßen die Teilnehmer (Foto: spdfraktion.de)
Die Teilnehmer diskutierten an drei großen Tischen (Foto: spdfraktion.de)

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer Altersvorsorgepflicht für Selbstständige, auch die Kranken- und Arbeitslosenversicherung sind Gegenstände des Papiers. Die SPD beschäftigt sich mit diesen Themen also parallel zum BMAS, denn Partei/Fraktion einerseits und Regierung/Ministerium andererseits bis zu einem gewissen Punkt unabhängig voneinander.

Das Forum dauerte von 13:30 Uhr bis 16:00 Uhr. Nach Begrüßung durch MdB Dr. Martin Rosemann, dem verantwortlichen Projektleiter („Projekt #NeueZeiten – Arbeits- und Lebensmodelle im Wandel"), sprach auch MdB Christian Flisek, der zugleich Vorsitzender der Arbeitsgruppe Selbstständige in der SPD (AGS) ist. Dritte im Bunde war MdB Birgit Kömpel.

Schon für sich ein Erfolg: Selbstständigenverbände stellen Mehrheit der Teilnehmer

Andreas Lutz (VGSD) mit Jörg Zeyßig (BVBC) und MdB Rosemann (Foto: spdfraktion.de)

Mit einem Zeitanteil von eineinhalb Stunden entfiel der Großteil des Treffens auf die Diskussion von drei vorgegebenen Leitfragen mit jeweils einem Abgeordneten. Dazu hatten sich die Teilnehmer und die MdB auf drei Tische verteilt. Am Ende wurden die Ergebnisse von den Gastgebern noch einmal zusammengefasst, mit Zustimmung bzw. auch Korrekturen aus dem Kreis der Teilnehmer.

Die Veranstaltung war gut besucht, gut 30 Vertreter hauptsächlich von Selbstständigen-Verbänden, aber auch Gewerkschaftsfunktionäre, AGS-Mitglieder und ein Sprecher der Deutschen Rentenversicherung waren anwesend. An dem hohen Anteil von Selbstständigen hatte ich einen nicht unerheblichen Anteil, da ich den Veranstaltern eine ganze Reihe von Verbänden nannte, die aus meiner Erfahrung zu oben genannten Fragen besonders aktiv sind. Sie wurden dankenswerter Weise eingeladen – und kamen auch zu einem sehr hohen Anteil. Diese Präsenz vielfältiger Verbände veränderte den Diskusssionsverlauf und war aus meiner Sicht für sich genommen schon ein Erfolg.

Dr. Marei Strack (DDIM) an Tisch 2 (Foto: spdfraktion.de)

Die vorgegebenen Diskussionsfragen sah ich etwas kritisch, weil die Fragestellungen eine Vorentscheidung zugunsten einer Altersvorsorgepflicht bereits implizierten. Doch die anwesenden Selbstständigen ließen sich davon nicht irritieren und sorgten dafür, dass alle aus meiner Sicht wichtigen Fragen und Einwände zur Sprache kamen. An allen drei Tischen kam es zu lebendigen Diskussionen.

Wichtig war auch die Zustimmung von MdB Rosemann dazu, dass die erst hinzugekommenen Verbandsvertreter auch im Nachgang noch kurze Positionspapiere einreichen können, denn viele erfuhren erst durch die Veranstaltung von dieser Möglichkeit.


Jetzt mitzeichnen: Mit unserer Petition setzen wir uns für faire Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ein. Es ist nicht einzusehen, dass Selbstständige deutlich mehr zahlen als Arbeitgeber und -nehmer zusammen. Eine Gesetzesverschärfung zum 1.1.18 macht eine Reform noch dringlicher.


Diese Fragen wurden zur Diskussion gestellt

Lebhaftes Gespräch an Tisch 2 (Foto: spdfraktion.de)

Tisch 1: Brauchen wir für die Altersvorsorge eine Pflichtverischerung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder reicht der Nachweis irgendeiner Altersvorsorge?

Tisch 2: Wie kann eine praxistaugliche Beitragsgestaltung für Selbstständige angesichts unsteter Einkommen und eines fehlenden „Arbeitgeberbeitrags“ aussehen?

Tisch 3: Wie kann eine Mindestsicherung erreicht werden, die auch (Solo-)Selbstständige wirksam vor Altersarmut schützt?

Ich selbst nahm an der Diskussion an Tisch 2 teil und werde auf deren Verlauf etwas detaillierter eingehen, zumal MdB Rosemann die Ergebnisse dieses Tisches ausführlicher darstellte. Die Ergebnisse der anderen Tische beruhen auf den Zusammenfassungen seiner beiden Kollegen.

Ergebnisse Tisch 1: Brauchen wir für die Altersvorsorge eine Pflichtverischerung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder reicht der Nachweis irgendeiner Altersvorsorge? (MdB Birgit Kömpel)

MdB Birgit Kömpel diskutierte über das Thema Pflichtversicherung versus Nachweis über Grundsicherung (Foto: spdfraktion.de)
  • Es sollte weiter bei einer freien Wahl der Altersvorsorge bleiben. Auf Verständnis stößt der Wunsch nach einer Nachweispflicht darüber, dass man ausreichend vorsorgt bzw. vorgesorgt hat, um nicht auf Grundsicherung im Alter angewiesen zu sein.
  • Eine Pflichtversicherung in der Deutschen Rentenversicherung setzt Vertrauen in deren Zukunftssicherheit voraus. Diese besteht momentan nicht, dazu brauch es zunächst andere Reformen.
  • Eine Pflichtversicherung könnte dann eine Antwort sein auf zunehmend häufigere Wechsel in den Erwerbsbiographien.

Ergebnisse Tisch 2: Wie kann eine praxistaugliche Beitragsgestaltung für Selbstständige angesichts unsteter Einkommen und eines fehlenden „Arbeitgeberbeitrags“ aussehen? (MdB Martin Rosemann)

  • MdB Dr. Martin Rosemann sprach an Tisch 2 - nicht nur über Fragen der Beitragsbemessung (Foto: spdfraktion.de)

    Die hohen Mindestbeiträge zur Krankenversicherung für Selbstständige sind ungerecht im Vergleich zu abhängig Beschäftigten und das Hauptproblem in Bezug auf die Vorsorgefähigkeit von Selbstständigen mit Einkommen unter 2.000 Euro. Die höheren Beiträge fehlen für eine Altersvorsorge.

  • Über die Mindestbeiträge hinaus bestehen weitere Benachteiligungen: Bei Selbstständigen werden weitere alle Einnahmearten zur Berechnung der Beiträge herangezogen. Zu viel bezahlte Beiträge werden nicht erstattet. Auch ist die Bemessungsgrundlage höher als bei Arbeitnehmern: Bei Selbstständigen werden diese nach dem Gewinn (entspricht dem Arbeitgeberbrutto) berechnet, bei Angestellten nach dem Arbeitnehmerbrutto.
  • Die Beiträge sollten deshalb am Pendant zum Arbeitnehmerbrutto bemessen werden. Der Einkommensteuerbescheid ist dafür die maßgebliche Grundlage. Vorauszahlungen sollten analog zu Steuervorauszahlungen vorgenommen werden, wobei es mehr Flexibilität geben sollte, diese an schwankende Einkommen anzupassen.
  • Der zur Altersvorsorge vorgesehene Betrag soll nicht auf Rechnungen erscheinen, weil das im Wettbewerb schädlich wäre und in der Rechnung häufig auch Vorleistungen enthalten sind und nicht nur die Wertschöpfung des Selbstständigen, auf die sich die Altersvorsorge bezieht.
  • Es ist wichtig, Existenzgründer nicht zu überfordern. In diesem Zusammenhang wurde auf den Gründungszuschuss verwiesen, der einen Zuschuss zur sozialen Absicherung in Höhe von 300 Euro monatlich enthält.
  • Bezüglich der Arbeitslosenversicherung für Selbstständige bestand Einigkeit, dass bei gleichem Beitrag auch gleiche Leistungen bezahlt werden sollten und Reformen nötig sind, um die Arbeitslosenversicherung wieder für Selbstständige wieder attraktiv zu machen.

Ergebnisse Tisch 3: Wie kann eine Mindestsicherung erreicht werden, die auch (Solo-)Selbstständige wirksam vor Altersarmut schützt? (MdB Christian Flisek)

  • An Tisch 3 ging es im Gespräch mit MdB Christian Flisek um die Frage einer Mindestsicherung (Foto: spdfraktion.de)

    Hier wurde zunächst ein „Konsens über Pflichtversicherung in der GRV“ berichtet, dem widersprachen aber Teilnehmer aus der Runde sofort. Die Selbstständigen müssten in der Wahl der Anlageform frei bleiben (lediglich Nachweispflicht).

  • Eine Versicherungspflicht in der GRV würde nur dann auf Akzeptanz stoßen, wenn sie alle Erwerbstätigen umfasst, also auch Beamte.
  • Es bestand Konsens, dass der Arbeitgeberanteil von den Selbstständigen zu tragen sei, eine Ausweitung der Künstlersozialversicherung wurde nicht befürwortet. Im Gegenzug sollten die Vorsorgeaufwendungen aber vollständig abzugsfähig sein.
  • Gefordert wurde auch hier Flexibilität bei der Beitragsbemessung und mehr Planungs- und Rechtssicherheit für die Selbstständigen.

Wie verläuft das Projekt weiter?

Im Juni finden noch weitere Dialogforen zu anderen Themen im Rahmen des Projekts statt. Auch schriftliche Stellungnahmen zum Positionspapier sind noch kurze Zeit möglich. Im Sommer leiten die Projektmitglieder dann ein Positionspapier für die Fraktion ab. Im Herbst sollen die Ergebnisse dann auf einer Abschlussveranstaltung vorgestellt werden.

Update: Video mit O-Tönen von Teilnehmern

(30.08.16) Die SPD-Bundestagsfraktion hat auf YouTube ein Video eingestellt mit Bildern und O-Tönen von Teilnehmern. Das Video hat natürlich einen werbenden Charakter, aber wie wollen es Euch nicht vorenthalten:

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