Angestellte haben seit 2022 in Form der sogenannten Sozialpartnermodelle die Chance auf eine höhere Rendite und mehr Flexibilität bei der Betriebsrente. Wie das funktioniert und warum Selbstständige bis jetzt außen vor bleiben.
Selbstständige müssen sich immer wieder den Vorwurf anhören, dass sie nicht genug Geld fürs Alter zurücklegen, dass sie unsolidarisch sind, oder dem Staat im Ruhestand schlimmstenfalls auf der Tasche liegen. (Dass diese Vorwürfe meist haltlos sind, lassen wir an dieser Stelle beiseite). Jedes Jahr muss der Bund mehr als 100 Milliarden Euro einsetzen, um die gesetzliche Rente zu stützen. Tendenz steigend.
Um einen angenehmen Ruhestand zu gewährleisten, gibt es deshalb auch noch die betriebliche und private Altersvorsorge. Eines der Hauptprobleme für Selbstständige ist jedoch, dass sie bei Initiativen, das Rentensystem durch steuerliche Anreize stabiler zu machen, übergangen werden. Jüngstes Beispiel: das Sozialpartnermodell.
Was ist das Sozialpartnermodell?
Im Rahmen eines Sozialpartnermodells können Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften einer Branche ein eigenes Versorgungssystem gestalten. Hauptvorteil ist dabei die "Portabilität" der Altersvorsorge: Angestellte können ihre Altersvorsorge bei einem Jobwechsel innerhalb derselben Branche künftig einfach an den neuen Arbeitgeber übertragen. Das verhindert, dass die Altersvorsorge zerstückelt wird, und die Rendite durch hohe Verwaltungskosten geschmälert wird. 2022 hat der Gesetzgeber diese neue Form der betrieblichen Altersvorsorge eingeführt.
Im Zuge dieser Reform müssen künftig Arbeitgeber für jede Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers einen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent gewähren. Steckt der Arbeitnehmer also beispielsweise 200 Euro Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersvorsorge, muss der Arbeitgeber 30 Euro dazugeben. Diese Versorgungszusage des Arbeitgebers beschränkt sich auf die Zahlung von Beiträgen zugunsten der Beschäftigten an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung.
Ähnlich wie auch bei bisherigen betrieblichen Altersvorsorgelösungen sind im Sozialpartnermodell nur reine Beitragszusagen zulässig. Das heißt, es dürfen keine Garantien gewährt werden, weder während der Anwartschaft noch in der Leistungsphase. Im Gegenzug erhält der Arbeitnehmer die Chance auf eine höhere Rendite, da die Anlage der Beiträge flexibel gestaltet werden kann.
Wer kann sich an den Sozialpartnerschaften beteiligen?
Alle Unternehmen, die einen Tarifvertrag verabschieden, können vom Sozialpartnermodell Gebrauch machen – aber auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber können diese Form der betrieblichen Altersvorsorge vereinbaren. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Öffnungsklausel im Tarifvertrag. Eine gesetzliche Verpflichtung besteht jedoch nicht.
Selbstständige können sich nicht an Sozialpartnerschaften beteiligen. Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) antwortet auf unsere Nachfrage lediglich: "Betriebsrenten sind grundsätzlich an ein Arbeitsverhältnis geknüpft; eine "reine Beitragszusage" ohne Arbeitgeber ist nicht denkbar. Von daher spielt das Sozialpartnermodell bei den konzeptionellen Überlegungen zur Absicherung von Solo-Selbstständigen und Kleinstunternehmen aktuell keine Rolle."
Wie viele Sozialpartnermodelle gibt es bereits?
Der Start verläuft schleppend: Bislang haben nur zwei Sozialpartnermodelle, im Energiebereich und in der Chemie-Branche, ihren Betrieb aufgenommen. In weiteren Branchen finden aktuell Gespräche statt, sagt eine Sprecherin des BMAS. Angestellte, die nicht im gleichen Tarifvertrag beschäftigt sind, haben keinen Zugang zu diesen Modellen erhalten. Das BMAS würde es allerdings "begrüßen, wenn solche Systeme in den wichtigsten Branchen entstünden und sich möglichst viele Arbeitgeber und Beschäftigte diesen dann anschließen könnten".
Welche Steuervorteile bietet der Staat als Anreiz für die Altersvorsorge?
Die betriebliche Altersvorsorge bietet sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern Vorteile. Geringverdiener (oder Angestellte in Teilzeit) mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von maximal 2.575 Euro profitieren von Zuschüssen des Arbeitgebers. Dieser soll (rein arbeitgeberfinanziert) in die betriebliche Altersvorsorge einzahlen. Im Gegenzug erhält er 30 Prozent des einbezahlten Betrags über die Einkommensteuer gutgeschrieben. Im Sozialpartnermodell werden Beiträge von insgesamt mindestens 480 und höchstens 960 Euro pro Kalenderjahr gefördert. Durch diesen Mindestbeitrag sollen Mini-Anwartschaften verhindert werden.
Wer als Arbeitnehmer über der Einkommensgrenze von 2.575 Euro liegt, kann seine Beitragszahlungen für die Altersvorsorge vom Bruttoeinkommen abziehen – und spart auf diese Weise Steuer- und Sozialausgaben. Auch der Arbeitgeber ist verpflichtet, den gleichen Betrag beizusteuern, in diesem Fall gibt es aber keine Förderung vom Staat. Im Ergebnis bietet die betriebliche Altersvorsorge also viele finanzielle Vorteile, die Selbstständige nicht haben.
Das sagt der VGSD
"Wir wollen, dass Selbstständige bei der Altersvorsorge mitgedacht werden, es ist höchst problematisch, wenn Vergünstigungen an Angestellte oder sogar nur an tarifgebundene Angestellte und große Unternehmen gebunden sind. Generell sollten steuerliche Vergünstigungen unabhängig von der Erwerbsform gelten", sagt VGSD-Vorstand Andreas Lutz.
Und weiter: "Viele Selbstständige begannen als Angestellte in ihrer Branche. Ihre dort aufgebaute betriebliche Altersvorsorge würden sie gerne weiterführen. (Das ist zwar aktuell grundsätzlich möglich, aber ohne steuerliche Vorteile verbunden, weshalb es sich oft nicht rentiert). Wir fordern, dass Selbstständige zu denselben Bedingungen wie Angestellte und Arbeitgeber für das Alter vorsorgen können! Das würde auch dem erklärten Ziel der Bundesregierung entsprechen, die betriebliche Altersvorsorge steuerlich zu stärken – und obendrein die Sozialpartnermodelle für die breite Bevölkerung attraktiver machen."
Diskutiert in den Kommentaren gerne mit, wie ihr über das Thema betriebliche Altersvorsorge und die Idee eines Sozialpartnermodells denkt. Und in welcher Form es für euch interessant sein könnte!
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