Das Finanzministerium hat einen Gesetzentwurf zur privaten Altersvorsorge vorgelegt. Dabei wird an vieles gedacht. An wen nicht? An die Selbstständigen. Der VGSD wird nun um die Berücksichtigung der Selbstständigen bei diesen Plänen kämpfen.
Die private Altersvorsorge ist ein Herzensthema von Finanzminister Christian Lindner. Und es ist nicht allein Lindner, der die Riester-Rente für gescheitert hält. Im Koalitionsvertrag haben die drei Ampelparteien vereinbart: "Wir werden das System der privaten Altersvorsorge grundlegend reformieren." Im Mai 2023 forderte die FDP auf ihrem Bundesparteitag ein privates Altersvorsorge-Depot. Im Talk mit FDP-Staatssekretärin Katja Hessel wies VGSD-Vorstand Andreas Lutz im Juli 2023 bereits darauf hin, dass ein solches Depot auch für Selbstständige – und zwar auch Bestandsselbstständige – zugänglich sein muss.
Selbstständige bleiben außen vor
Nun hat das Finanzministerium einen Gesetzentwurf erarbeitet und an die anderen Ministerien geschickt. Allerdings zeigt sich, dass es darin vorrangig um die Reform der Riester-Rente für Angestellte geht. Der für Selbstständige entscheidende Absatz findet sich dort auf Seite 41, der zweiten Seite der Gesetzesbegründung.
"Die geförderte zusätzliche private Altersvorsorge soll perspektivisch auch Selbständigen offenstehen. Sofern Selbständige in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind (zum Beispiel nach § 2 oder § 4 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI -), gehören sie bereits jetzt zum unmittelbar förderberechtigten Personenkreis. Die Ausweitung des förderberechtigten Personenkreises auf alle Selbständige erfolgt, sobald eine allgemeine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für diese Gruppen eingeführt wird. Bereits heute steht Selbständigen mit den Basisrentenverträgen eine steuerlich geförderte private Vorsorgeoption zur Verfügung, mit der unter anderem durch Garantieprodukte oder auch mit Aktiensparplänen fürs Alter vorgesorgt werden kann."
Auch freiwillig Rentenversicherte ausgeschlossen
Im Klartext: Selbstständige bleiben außen vor. Die geförderte private Altersvorsorge soll ihnen "perspektivisch" auch offenstehen. Zum Zeitpunkt der geplanten Einführung am 1. Januar 2026 sollen jedoch nur diejenigen Selbstständigen Zugang haben, die ohnehin rentenversicherungspflichtig sind: also arbeitnehmerähnliche Selbstständige, Lehrkräfte und Pflegepersonen und die weiteren im Sozialgesetzbuch gelisteten Berufe. Nicht einmal Selbstständige, die freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, sind dem Entwurf nach berechtigt, an der Förderung teilzunehmen.
"Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung"?
Und es kommt noch dicker: Der Zugang für alle anderen Selbstständigen soll erst dann kommen, wenn die Altersvorsorgepflicht für Selbstständige eingeführt ist. Wobei es heißt: "… sobald eine allgemeine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für diese Gruppen eingeführt wird." Die Formulierung irritiert. Im Koalitionsvertrag heißt es:
"Wir werden für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit einführen. Selbstständige sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, sofern sie nicht im Rahmen eines einfachen und unbürokratischen Opt-Outs ein privates Vorsorgeprodukt wählen."
Rürup soll für Selbstständige reichen
Dieses "einfache Opt-Out" scheint nun nicht mehr zu existieren. Was ist also mit der "Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit"? Und: Wenn nun Selbstständige das Opt-Out genutzt haben werden, stellt sich die Frage, ob sie keinen Zugang zur geförderten privaten Altersvorsorge bekommen sollen. Zudem soll die Altersvorsorgepflicht nicht für Bestandsselbstständige, sondern nur für Gründer/innen gelten. Sind schon länger Selbstständige also dauerhaft ausgeschlossen?
Der Entwurf zielt eindeutig nur auf die Reform der Riester-Rente für Angestellte ab. Selbstständige werden darauf verwiesen, dass es für sie ja die Rürup-Rente gebe: "Bereits heute steht Selbständigen mit den Basisrentenverträgen eine steuerlich geförderte private Vorsorgeoption zur Verfügung". Dass für viele Selbstständige die Rürup-Rente wegen der hohen Kosten kein attraktives Produkt ist, steht auf einem anderen Blatt. Nicht wenige von ihnen dürften den Verweis darauf als Hohn empfinden.
Drei verschiedene Sicherheitsstufen
Wie sieht nun also der Plan für die Riester-Reform aus? Zunächst einmal wird die strenge Vorgabe, dass die eingezahlten Beiträge am Ende garantiert werden müssen, aufgehoben. Es sollen Depots in drei verschiedenen "Sicherheitsstufen" angeboten werden:
- Ein Depot ohne jede Garantie
- Ein Depot mit 80 Prozent Garantie
- Ein Depot mit 100 Prozent Garantie
Die letzte Depotform wäre vom bisherigen Riester kaum zu unterscheiden. Die beiden anderen Verträge enthalten höhere Renditechancen und ein höheres Risiko. Das Depot ohne Garantie entspräche weitgehend einem normalen Wertpapierdepot, das staatlich gefördert und steuerlich begünstigt wird. Besonders riskante Anlagen wie Kryptowährungen sollen ausgeschlossen bleiben.
Grund- und Kinderzulagen nicht mehr als Pauschalbeträge
Die staatliche Förderung der Depots soll vereinfacht werden. Die bisherige komplizierte, an das Einkommen gekoppelte Förderung soll ersetzt werden durch das Prinzip: 20 Cent Förderung für einen eingezahlten Euro bei der Grundzulage, 25 Cent bei der Kinderzulage. Gedeckelt ist die Grundzulage bei 600 Euro, die Kinderzulage bei 300 Euro. Es werden also die Grund- und die Kinderzulage nicht mehr als Pauschalbeträge gezahlt, sondern einzahlungsabhängig. Das bedeutet, dass im Vergleich zur bisherigen Regelung diejenigen stärker gefördert werden, die mehr einzahlen – im Zweifel also Besserverdiener.
Pauschalbeträge gibt es noch für Geringverdiener: Wer ein Depot bespart und weniger als 26.250 Euro pro Jahr verdient, erhält eine Bonuszulage von 175 Euro. Berufseinsteiger, die jünger als 25 Jahre sind, erhalten für bis zu drei Jahre einen jährlichen Bonus von 200 Euro.
Vergleichsplattform kommt später
Die Auszahlungsphase soll flexibler gestaltet werden können. Weiterhin soll es möglich sein, eine lebenslange monatliche Zahlung zu erhalten. Anders als bisher sollen sich Sparer aber auch zu Beginn der Auszahlphase für einen Auszahlplan bis zum vollendeten 85. Lebensjahr entscheiden können.
Die Vielzahl der Angebote für Riester-Verträge war bislang für Verbraucher schwer zu überblicken. Mit der Reform soll die Auswahl leichter und verbraucherfreundlicher werden: Eine digitale Vergleichsplattform soll es Interessenten erleichtern, sich einen Überblick zu verschaffen. Der Haken dabei: Diese Vergleichsplattform wird nicht rechtzeitig fertig. Sie soll erst ein Jahr nach Inkrafttreten der Reform, am 1. Januar 2027, in Betrieb gehen.
VGSD kämpft für Änderungen am Entwurf
Wie geht es nun weiter? Im Finanzministerium wird am 18. Oktober eine Verbändeanhörung zu dem Referentenentwurf stattfinden. Der VGSD ist daran beteiligt und wird sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass Selbstständige Zugang zu einem staatlich begünstigten Altersvorsorge-Depot erhalten. Wir werden es nicht hinnehmen, dass Selbstständige von der geförderten privaten Altersvorsorge ausgeschlossen bleiben sollen.
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