Die Neustarthilfe war während der Corona-Krise für Soloselbstständige die wichtigste und nachhaltigste Hilfe, lange mussten wir für sie kämpfen. Zur Jahresmitte läuft sie nun aus. Letztmals kann sie (bis 15.6.2022) für das zweite Quartal 2022 beantragt werden. Wenn du nach wie vor von Umsatzrückgängen durch die Corona-Krise betroffen bist, musst du dich mit der Antragstellung beeilen, sonst entgehen dir bis zu 4.500 Euro.
Beeilen musst du dich auch, wer du die Hilfe schon im ersten Halbjahr 2021 erhalten und noch keine Endabrechnung vorgenommen hast. Denn wer die hierfür nun laufende allerletzte Gnadenfrist versäumt, muss das erhaltene Geld - zumeist waren es 7.500 Euro - auf jeden Fall komplett zurückbezahlen – egal ob eine Notsituation vorlag oder nicht. Wir geben im Folgenden einen Überblick über alle zu beachtenden Fristen und auch wie sie in der Praxis gehandhabt werden.
Als Betroffene/r jetzt Neustarthilfe für zweites Quartal 2022 beantragen
Seit dem 13. April kann die Neustarthilfe von Soloselbstständigen (und einer Reihe anderer Selbstständiger bzw. Unternehmen) für das zweite Quartal 2022 online beantragt werden. Spätestens bis 15.6.2022 muss der Antrag gestellt sein. Zur Identifikation benötigt man ein gültiges Elster-Zertifikat. Es geht um 1.500 Euro je Monat, insgesamt also 4.500 Euro.
Im Referenzzeitraum (zumeist 2019) muss man sein Einkommen zu mindestens 51 % aus selbstständiger Tätigkeit erzielt haben. Bei einem Umsatzrückgang von 60 % und mehr kann man die Förderung vollständig behalten, erst wenn Umsatz und Förderung im zweiten Quartal dieses Jahres 90 % des Referenzwertes überschreiten, muss man die Förderung vollständig zurückbezahlen.
Neustarthilfe darf als Liquiditätshilfe, für Betriebskosten und Lebensunterhalt verwendet werden
Die Neustarthilfe hilft also auch, die eigene Liquidität zu sichern, sie darf nicht nur für die (bei Soloselbstständigen meist relativ niedrigen) laufenden Betriebskosten, sondern auch den privaten Lebensunterhalt eingesetzt werden. Im Gegenzug verpflichten sich die Antragsteller/innen innerhalb einer bestimmten Frist online eine Endabrechnung vorzunehmen und ihren tatsächlich erzielten Umsatz zu melden. So soll eine "Überkompensation" durch die Förderung vermieden werden.
Wer die Neustarthilfe bereits zuvor beantragt hat, kennt die Regeln bereits, denn sie wurden zuletzt nur noch in Details weiterentwickelt und präzisiert. Wir haben zu dem Thema mehrere VGSD-Talks durchgeführt und empfehlen euch, den Mitschnitt des neuesten dieser Experten-Talks anzuhören, wenn ihr noch unsicher seid. Im Zweifelsfall entscheidend ist natürlich immer das, was im Antrag und im FAQ zur Neustarthilfe geschrieben steht.
Warum die Neustarthilfe zur Jahresmitte endet
Mit der zweiten Tranche der "Neustarthilfe 2022" - wie sie offiziell heißt – soll die Förderung endgültig enden. Zum einen sind fast alle Selbstständige betreffende Maßnahmen inzwischen aufgehoben, auch wenn gerade in der Verantaltungsbranche die Unsicherheit der letzten Monate aufgrund der langen Vorlaufzeiten noch nachwirken. Lasst uns hoffen, dass die für die zweite Jahreshälfte angekündigten weiteren Corona- Wellen nicht erneut Einschränkungen nötig machen. Zum anderen haben wir es durch den Ukraine-Krieg bereits mit der nächsten Krise zu tun und der Klimawandel wartet auch nicht auf uns.
Eine Rolle spielt auch, dass die EU bei solchen Hilfen ein wichtiges Wort mitzusprechen hat: Die Grundlage, damit Deutschland die Neustarthilfe überhaupt vergeben darf, ist der "Befristete Rahmen für staatliche Beihilfen" der EU, der eigentlich am 31.12.2021 auslaufen sollte, aber im November dann um ein halbes Jahr bis 30.06.2022 verlängert wurde. Durch Regelungen wie diese soll vermieden werden, dass Mitgliedsstaaten durch Förderungen bestimmten Unternehmen oder Branchen einen unfairen Vorteil gegenüber denen anderer Staaten verschaffen oder in einen Förderwettbewerb untereinander treten, zum Beispiel in Hinblick auf Unternehmensansiedlungen.
Schließlich sind viele Wirtschaftswissenschaftler der Ansicht, dass Hilfen nicht zu lange gezahlt werden sollten, weil sie in den Marktmechanismus eingreifen und eine Anpassung an neue Verhältnisse verhinderten. Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist ihnen zufolge nicht mehr von einer temporären, sondern von einer dauerhaften, "strukturellen" Änderung der Rahmenbedingungen auszugehen.
Übersicht über Fristen für Endabrechnung und Rückzahlung
In Hinblick auf Endabrechnung und Rückzahlung gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Fristen, die man nicht versäumen darf. Bei den Fristen sind zum einen die Halbjahre entscheidend, für die du die Neustarthilfe beantragt hast. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) unterscheidet zwischen "Neustarthilfe", "Neustarthilfe Plus" und der bereits erwähnten "Neustarthilfe 2022". Bei der Frist für die Endabrechnung und der für die Rückzahlung ist zudem jeweils zwischen Direktantragstellung (wenn du selbst online den Antrag eingereicht hast) und der Antragstellung über prüfende Dritte (in der Regel ist das der Steuerberater) zu unterscheiden. Für letztere Fälle gilt teilweise eine längere Frist.
Achtung: Für Fristen, die wir in der Tabelle und generell auf unserer Website angeben, können wir trotz aller Sorgfalt keine Gewähr übernehmen. Entscheidend ist, was das Ministerium auf seiner Seite schreibt.
Die Fristen sind wichtig: Wer sie verpasst, muss im schlimmsten Fall die gesamte Förderung zurückbezahlen, auch wenn er oder sie eigentlich dringend auf sie angewiesen war. Nimm deshalb als Betroffene/r unbedingt rechtzeitig die Endabrechnung vor. Das ist nicht viel Aufwand.
Ein kleiner Trost für alle, die zurückzahlen müssen
Wenn du zu denen gehörst, die die erhaltene Hilfe ganz oder teilweise zurückzahlen müssen, ist vielleicht Folgendes ein Trost: Zum einen ist dein Geschäft in dem Zeitraum dann offenbar – mindestens am Umsatz gemessen – annähernd so gut gut gelaufen wie im Referenzzeitraum. Zum anderen wird die Rückzahlung wie eine Betriebsausgabe behandelt, mindert also deine Steuerlast – nachdem du sie im Jahr des Erhalts wie eine zusätzliche Betriebseinnahme versteuern musstest.
Wie läuft die Endabrechnung und Rückzahlung in der Praxis?
Die weitaus meisten Anträge auf Neustarthilfe wurden im ersten Halbjahr 2021 gestellt. Für die Direktantragsteller war die Frist für die Endabrechnung bereits der 31.12.2021, also vor vier Monaten. Das BMWK bzw. die Antragstellen in den Ländern sind in diesem Fall jedoch sehr großzügig vorgegangen: Maßgeblich auch auf unsere Bitte hin, haben sie die Antragsteller, die die Frist versäumt haben, bereits zwei Mal per E-Mail an die Endabrechnung erinnert und werden in den nächsten Tagen auch noch einen Brief an diese Antragsteller senden, mit einer allerletzten Gnadenfrist bis Ende Mai.
Betroffen sind etwa 20 % der Anträge aus der ersten Hälfte des letzten Jahres, für die noch keine Meldung vorliegt. Für das Ministerium ist nicht zu erkennen, ob die Frist einfach versäumt wurde, die Antragsteller vielleicht den Überblick über den "ganzen Papierkram" verloren haben, oder aufgrund der guten Geschäftsentwicklung von einer vollständigen Rückzahlung ausgehen und sich deshalb den Aufwand für die Endabrechnung sparen – im vollen Bewusstsein der finanziellen Folgen.
Bei den bisher erfolgten Endabrechnungen dürfen vier Fünftel die Hilfe komplett behalten
Von den 80 % der Antragsteller, die eine Rückmeldung vorgenommen haben, werden nach unserer Schätzung wiederum vier Fünftel die Neustarthilfe für diesen Zeitraum komplett behalten dürfen und ein Fünftel die Hilfe ganz oder teilweise zurückzahlen müssen.
Das Ministerium plant zeitnah mit dem Versand der entsprechenden Bescheide zu beginnen. Viele Betroffene dürften diese ungeduldig erwarten, um entweder die Sicherheit zu haben, dass sie das erhaltene Geld nun wirklich behalten dürfen oder aber um das Geld, das sie nicht verwenden dürfen, aber auf ihrem Konto liegt – wie eine Tafel Schokolade auf dem Couchtisch – zeitnah zurückzuzahlen.
Wenn du trotz Endabrechnung keinen Bescheid erhältst …
Wenn du für das erste Halbjahr 2022 die Neustarthilfe beantragt und eine Endabrechnung vorgenommen hast, aber trotzdem innerhalb der nächsten ein bis zwei Wochen noch keinen Bescheid erhältst, liegt das vermutlich daran, dass du zu einer Stichprobe gehörst, deren Meldung von der zuständigen Bewilligungsstelle deines Landes nochmals auf Plausibilität geprüft wird, wodurch sich der Versand des Bescheids in Einzelfällen verzögern kann.
Auch für die Rückzahlung gibt es voraussichtlich eine Gnadenfrist
Falls es zu einer Rückzahlung der Neustarthilfe aus der ersten Hälfte des letzten Jahres kommt, wirst du als Direktantragsteller/in abweichend von den Angaben in der Tabelle oben voraussichtlich bis Ende September Zeit haben für die Überweisung. Falls du dich in einer sehr angespannten finanziellen Situation befinden, sind voraussichtlich auch Stundung und Ratenzahlung möglich, allerdings musst du dies natürlich bei der Bewilligungsstelle beantragen und entsprechende Nachweise erbringen.
Spätestens jetzt Endabrechnung vornehmen – am besten gleich für die zweite Jahreshälfte 2021 mit
Sowohl für die Antragsteller als auch das BMWK sowie die Bewilligungsstellen stellt die Endabrechnung der Neustarthilfe eine Premiere dar. Wer aber einmal eine Endabrechnung vorgenommen hat, wird weitgehend analog auch die anderen Endabrechnungen erledigen können. Wir empfehlen, die Abrechnung für das zweite Halbjahr 2021 gleich mit zu erledigen.
Auf den Rückzahlungstermin hat der Meldetermin bei Direktantragstellern schließlich keinen Einfluss, du musst das Geld also nicht früher zurückzahlen, wenn die Liquidität gerade knapp ist. Zudem können wir nicht versprechen, dass das Ministerium bei der Endabrechnung der weiteren Tranchen ähnlich viel Geduld aufbringen wird. Deshalb bleibt unser Rat: Am besten frühzeitig die Endabrechnung vornehmen!
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