(Update vom 16.02.21, 13:30 Uhr) Die Videokonferenz von 40 Wirtschaftsverbänden mit Bundesminister Altmaier ist zu Ende. Sie dauerte eine gute halbe Stunde länger als die veranschlagten zwei Stunden. Die anschließende Pressekonferenz musste deshalb etwas nach hinten verschoben werden.
Für den VGSD war Vorstand Andreas Lutz dabei. In einer ersten Runde kamen zunächst die großen Spitzenverbände wie BDI, BDA, ZDH und DIHK zu Wort.
Nachdem der Minister ihnen geantwortet hatte, war Andreas dann in der zweiten Runde als einer der ersten Redner an der Reihe mit folgendem Statement:
"Lieber Herr Altmaier,wir tragen als Soloselbstständige die gesundheitspolitischen Maßnahmen der Regierung mit.
Versprochene Hilfen nur zu einem Viertel bzw. Achtel geleistet
Was viele von uns aber ärgert, ist das Auseinanderklaffen öffentlicher Versprechen und tatsächlicher Hilfen. Ich habe auf der Basis Ihrer Zahlen nachgerechnet:
- Soforthilfe 50 Mrd. versprochen – davon 26 Prozent ausbezahlt, davon wird aber ein großer Teil zurückgezahlt werden müssen
- Überbrückungshilfe 25 Mrd. versprochen – davon bis heute, 9 Monate später, 13 Prozent ausbezahlt
- November- und Dezemberhilfe 39 Mrd. versprochen – davon 13 Prozent ausbezahlt, das entspricht ungefähr den Umsatzausfällen in der ersten Novemberwoche
Das Problem ist letztlich nicht die Software oder Antragsbearbeitung, sondern die Ausgestaltung, die Komplexität der Hilfen in Verbindung mit der Angst vor einer drohenden Verfolgung, wenn man einen Fehler macht. Bei der Novemberhilfe führt dies z.B. dazu, dass viele wirtschaftlich stark Betroffene sie noch nicht beantragt haben: Sind sie nun direkt betroffen, indirekt betroffen oder indirekt über Dritte betroffen oder gelten sie doch als nicht betroffen? Können wir uns das nicht sparen und allen helfen, die 80 Prozent und mehr Umsatzausfall erlitten haben?
Priorität hat die schnelle Bearbeitung der November-, Dezember- und Neustarthilfe
Priorität hat jetzt natürlich die schnelle Bearbeitung und Auszahlung von November-, Dezember- sowie der Neustarthilfe, die man seit heute morgen beantragen kann. Wir als Berufsverbände werden alles dafür tun, dass möglichst viele Betroffene von dieser Hilfe erfahren und sie beantragen.Die Neustarthilfe ist grundsätzlich ein gutes Instrument, mit maximal 7.500 Euro aber viel zu niedrig. Für viele ist es die erste Hilfe, die sie erhalten und auch tatsächlich behalten dürfen. Auf die 16 Monate seit Krisenbeginn umgerechnet handelt es sich allerdings lediglich um 470 Euro. Das soll dann für Lebensunterhalt, Miete, Krankenversicherung und laufenden Betriebskosten abdecken… Und wer Mitarbeiter hat, erhält gar keine Neustarthilfe. Ich halte nach wie vor eine weitere Erhöhung für notwendig – wie im Dezember im Petitionsausschuss intensiv mit Staatssekretär Bareiss diskutiert.
Rechtssicherheit wäre Konjunkturprogramm, das den Staat nichts kostet
Jenseits aller Hilfen wünsche ich mir ein Belastungsmoratorium. Rechtssicherheit in Hinblick auf Scheinselbstständigkeit wäre ein Konjunkturprogramm, das den Staat nichts kostet. Wir können uns nicht erlauben, dass in dieser Zeit IT-Projekte weiterhin ins Ausland verlagert werden müssen, weil sie in Deutschland nicht rechtssicher nicht möglich sind.Die Einführung einer Altersvorsorgepflicht, wie sie Minister Heil zurzeit plant, halte ich in dieser Lage für instinktlos.
Danke für Ihre Unterstützung!"
Die Videokonferenz war "nicht presseöffentlich", weshalb wir nicht über die Reaktionen des Ministers oder die Forderungen anderer Teilnehmer berichten können (siehe aber Pressemitteilung des BMWi unten). Ein zentrales Thema der an die Konferenz anschließenden Pressekonferenz war, dass nun die Neustarthilfe beantragt werden kann.
Jetzt anschauen und Überblick verschaffen:
"Bis zu 7.500 Euro Zuschuss: So beantragst du die Neustarthilfe ohne Steuerberater"
mit Frank Scheele und Andreas Lutz
Zum Mitschnitt (wahlweise Audio oder Video)
Nächste Videokonferenz mit Verbänden soll schon bald stattfinden
Gefreut haben wir uns darüber, dass es bis zur nächsten Videokonferenz mit dem Wirtschaftsminister nicht erneut vier Monate dauern soll wie die letzten beiden Male: Schon in wenigen Wochen, im zeitlichen Umfeld der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz will Peter Altmaier erneut mit uns sprechen.
Wir werden bis dahin einen erheblichen Teil unserer Energie darauf konzentrieren, dass möglichst viele Betroffene nun wenigstens die Neustarthilfe beantragen.
Aus der Pressemitteilung des BMWi zur Videokonferenz
Themen des Treffens war die aktuelle Lage der Wirtschaft in der Corona-Krise, die Corona-Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz vom 10. Februar 2021, die Wirtschaftshilfen und mögliche Öffnungsperspektiven.
"Bundeswirtschaftsminister Altmaier erklärte im Vorfeld des Treffens: 'Wir setzen heute beim Wirtschaftsgipfel die gute Zusammenarbeit und den regelmäßigen Austausch mit den Wirtschaftsverbänden fort und sprechen über die Corona-Wirtschaftshilfen sowie darüber, wie wir gleichzeitig die Wirtschaft verantwortungsvoll öffnen und zugleich eine dritte Corona-Welle verhindern können. Alles was wir tun, muss so abgestimmt sein, dass wir die Wirtschaft öffnen können, aber dass wir gleichzeitig vermeiden, dass es so wie in einigen Ländern um uns herum, erneut zu einer dramatischen Situation bei den Infektionszahlen kommt.'
Das heutige Treffen ist das vierte große Treffen mit Wirtschaftsverbänden des Bundeswirtschaftsministers seit Beginn der Corona-Krise. Zuvor hatte es bereits Treffen im April 2020, Juni 2020 und zuletzt im Oktober 2020 gegeben."
VGSD heute beim "Wirtschaftsgipfel" mit Peter Altmaier
(Beitrag vom 16.02.21, 8:00 Uhr) Zusammen mit 40 weiteren Verbandsvertretern ist VGSD-Vorstand Andreas Lutz heute ab 10 Uhr zum "Wirtschaftsgipfel" mit Peter Altmaier eingeladen. Es handelt sich dabei um eine zweistündige Videokonferenz. Die Teilnehmer kommen nicht alle zu Wort und meist nur mit kurzen Statements.
Bei der letzten Videokonferenz am 22.10.20, also vor vier Monaten (!), hielt Andreas ein Plädoyer für einen Unternehmerlohn, das er in der anschließenden Pressekonferenz mit Peter Altmaier gegenüber der Öffentlichkeit wiederholen durfte. Tatsächlich wurden in der Folge mit November-, Dezember- und Neustarthilfe Förderungen beschlossen, die auch für den Lebensunterhalt verwendet werden dürfen.
Versprochen – gebrochen
Aus Anlass des "Wirtschaftsgipfels" hat Andreas heute um 7:45 Uhr auf rbb-Inforadio ein 5-minütiges Liveinterview gegeben. Auf die Frage, ob die Selbstständigen den Lockdown in Zweifel ziehen, antwortete er: Wir setzen die gesundheitspolitischen Maßnahmen der Regierung um, es geht ja um den Schutz der gesamten Bevölkerung. Die betroffenen Branchen, die ihre Arbeit nicht digital erbringen können, tragen einen großen Teil des wirtschaftlichen Schadens, der aus den Schutzmaßnahmen resultiert. Mit diesem Schaden dürfen sie dann aber nicht alleine gelassen werden.
Es fehlt dabei nicht an öffentlich gemachten Versprechungen. Allerdings wurden diese immer wieder gebrochen. Bei der Überbrückungshilfe sowie der November- und Dezemberhilfe sind gerade einmal 13 Prozent der zugesagten Mittel ausgezahlt worden. Die Überbrückungshilfe läuft seit Juni letzten Jahres. Von acht Euro, die man öffentlich versprochen hat, ist bisher einer geflossen.
Was wollen Sie Peter Altmaier heute sagen?
rbb-Moderator Schmidt-Hirschfelder gab Andreas die Möglichkeit, für die Sitzung mit dem Wirtschaftsminister zu üben: "Was wollen Sie Peter Altmaier heute sagen?" – Andreas sinngemäß: Priorität hat die schnelle Bearbeitung und Auszahlung von November-, Dezember- und der seit heute morgen beantragbaren Neustarthilfe.
Die Neustarthilfe ist grundsätzlich ein gutes Instrument, mit maximal 7.500 Euro aber viel zu niedrig. Für viele ist es die erste Hilfe, die sie erhalten und auch tatsächlich behalten dürfen. Auf die 16 Monate seit Krisenbeginn umgerechnet handelt es sich allerdings nur um 470 Euro. Das soll dann für Lebensunterhalt, Miete, Krankenversicherung und laufenden Betriebskosten reichen...
Andreas fuhr fort: "Jenseits aller Hilfen wünsche ich mir einen Wandel in der Wirtschaftspolitik. Ich wünsche mir endlich wieder mehr Vertrauen in die Eigenverantwortung der Menschen statt einer alles erstickenden Bürokratie. Die Corona-Krise hat wie unter einem Brennglas gezeigt: Der Staat kann wirtschaftliche Entscheidungen nicht besser treffen als wir selbst. Selbst beim Verschenken von Geld verheddert er sich in realitätsfremdem Regelwerk. Hier muss ein Umdenken stattfinden."
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